Werner Matt

Die Dornbirner Gewerbeausstellung im Jahre 1900

Juni 2017

Vor mehr als hundert Jahren, als die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert bevorstand, war für Dornbirn die Erhebung zur Stadt ein wichtiges Ziel. Industrie und Gewerbe erlebten eine Hochblüte. Die damalige Dorfgemeinde hatte sich bereits einen Ruf weit über die Landesgrenzen hinaus geschaffen und das reiche Angebot an Arbeitsplätzen hatte viele auswärtige Arbeitsuchende angelockt. Sie kamen aus Vorarlberg, besonders dem Bregenzerwald, dem Deutschen Reich und vor allem aus den italienischsprachigen Teilen der Monarchie, dem Trentino und dem Valsugana. Dornbirn war größer als die damaligen Städte Bregenz, Feldkirch und Bludenz, und zählte knapp über 13.000 Einwohner.

Das Ziel war, Stadt zu werden und deshalb wurde eine große Ausstellung geplant, die Dornbirn noch bekannter machen sollte. Die Gemeinde war das Zentrum der Vorarlberger Textilindustrie, hier war gleich eine ganze Reihe an Großunternehmen zu finden. Unternehmen wie David Fußenegger, J.M. Fußenegger, F.M. Hämmerle, Herrburger & Rhomberg, F.M. Rhomberg, J.G. Ulmer oder die Rüsch-Werke waren in der ganzen Monarchie bekannt. Viele dieser Firmen hatten schon Welt- und Landesausstellungen besucht und ihre Produkte dort zur Schau gestellt.

Gemeinsam mit dem Dornbirner „Gewerbe-Verein“ wollten die Dornbirner Industriellen eine Leistungsschau präsentieren, eine sogenannte Handels- und Gewerbeausstellung. Den Ausstellungsleiter stellte der Gewerbe-Verein in der Person des Kunst- und Handelsgärtners Josef Smetana. Dieser stammte aus Böhmen und hatte die Dornbirnerin Anna Thurnher geheiratet. Seit 1890 betrieb er in Dornbirn eine „Kunst- und Handelsgärtnerei“. Er war politisch aktiv und gehörte der liberalen Partei an, später dann den Großdeutschen.

Für den damaligen Bürgermeister Dr. Johann Georg Waibel war die Darstellung Dornbirns als urbane Gemeinde mit moderner Infrastruktur überaus wichtig: Im Einladungsschreiben für die Eröffnung am 1. August 1900 hieß es dann auch: „Alle nach Dornbirn führenden Straßen sind tadellos, mit der Dampfwalze eingewalzt, und begünstigen so den Radfahr- und Wagenverkehr.“

Das Ausstellungsgelände lag zwischen der Goethestraße und der Rosenstraße. Hier waren Ausstellungshallen, ein Musikpavillon und ein Lichtspieltheater errichtet worden. Eine kleine Auswahl zeigt, wie breit das Angebot der Aussteller war: Seifensiederei Spiegel, Wachszieherei Zumtobel, Glas- und Porzellanhandlung Rhomberg, Kupferschmied Zumtobel, Schlossermeister Mäser, und viele mehr. Aber auch die bereits erwähnte Dornbirner Textilindustrie war geschlossen vertreten.
Neben modernen Industrie- und Gewerbeprodukten wurden in der Halle „Alt-Dornbirn“ auch geschichtliche Objekte und historische Fotografien gezeigt. Im Außengelände war eine Flötzerhütte aus Rindenstücken zu sehen. Besonders interessant war das Sonnenwasser-Badehäuschen des Fabrikanten Otto Hämmerle. Er arbeitete an einem Patent für die Gewinnung von Warmwasser durch Sonnenkraft. Ein Prototyp dieses fünf mal fünf Meter großen Badehäuschens wurde auf der Ausstellung gezeigt.

In der „Mohrenbierhalle“ und im Ausstellungsgarten wurde für das leibliche Wohl gesorgt. Abends war der elektrisch beleuchtete Springbrunnen die Sensation, das Urania-Theater und ein abwechslungsreiches Musikprogramm sorgten für Unterhaltung. Die Gewerbeausstellung wurde von den verschiedensten Vereinen für ihre eigenen Veranstaltungen genützt, stand doch nun eine eigens konstruierte Festhalle mit 2000 Plätzen zur Verfügung. Dies nützte auch der Vorarlberger Sängerbund und veranstaltete seinen Landessängertag in dieser Halle.

Herausragend war wohl der Besuch von Erzherzog Eugen. Am 19. September 1900 besuchte der hohe Gast aus Wien die Dornbirner Gewerbeausstellung und erwarb gleich eine ganze Zimmereinrichtung. Der Erzherzog nächtigte im ersten Haus am Platze, dem Hotel Weiss am Bahnhof. Am nächsten Tag „beehrten Se. Kais. Hoheit die Dorfer Pfarrkirche, das Kapuzinerkloster, die Hatler Kirche und die k.k. Stickereischule mit Ihrem Besuche und setzten von dort Ihre Reise nach Hohenems ... fort.“ Wie man sich im Hatlerdorf erzählt, führte Viktor Hämmerle, der Gastgeber von Erzherzog Eugen, ihn in das Gasthaus Grüner Baum, wo er sich eine „Nationalspeise“ gewünscht haben soll und daraufhin Kaffee und Riebel serviert bekam.
Die Ausstellung wurde ein großer Erfolg. Viele internationale Presseberichte belegen die breite Wirkung der Ausstellung. Vom 1. August bis zum 7. Oktober wurden rund 47.000 Eintrittskarten gelöst. Dazu kamen noch 600 Aussteller- und Dauerkarten sowie 2611 Schülerkarten. Auch das Lichtspieltheater wurde ein Publikumserfolg, mehr als 30.000 Karten wurden verkauft. In Summe ergab dies – trotz hoher Kosten, wie die damaligen Veranstalter bemerkten – einen ansehnlichen Überschuss von 6000 Gulden. Dieser Ertrag wurde für den Kauf von Aktien der elektrischen Bahn Dornbirn-Lustenau verwendet.

Der durch das Ausstellungsgelände führende Weg zwischen der Dr.-Waibel-Straße und der Rosenstraße erhielt im folgenden Jahr die offizielle Bezeichnung „Ausstellungsstraße“. Als dann in den 1950er-Jahren die Dornbirner Messe rund um die neu erbaute Messehalle Erfolge feierte, wurde die Straße wegen Verwechslungsgefahr in Goethestraße umbenannt.

Durch diese Ausstellung wurde die Wirtschaftskraft Dornbirns eindrucksvoll bewiesen. Dies trug auch wesentlich zur Stadterhebung im folgenden Jahr bei, die am 21. November 1901 durch Kaiser Franz Josef erfolgte. Dornbirn verlor zwar nun den Titel der größten Marktgemeinde Österreichs, wurde aber zu größten Stadt Vorarlbergs.

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