Herbert Motter
Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

Ein Blick in die digitale Zukunft

Mai 2018

Mit einer eigenen digitalen Agenda rüstet sich Vorarlberg für gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen. Ein Experte will derweil Zukunfts­ängste nehmen.

Nach intensiver Vorbereitung unter Einbindung vieler Partner, maßgeblich auf Anregung der Wirtschaftskammer, war Ende April im Designform die „Digitale Agenda“, sprich die Digitalisierungsstrategie für Vorarlberg präsentiert worden. „Unser Ziel ist es, digitale Kompetenz in der Bildung zu vermitteln und unsere Infrastruktur weiter auszubauen“, sagte Landeshauptmann Markus Wallner. Und erklärte zusammen mit Statthalter Karlheinz Rüdisser: „Die Agenda ist nicht das Ende eines Prozesses - sondern vielmehr der Auftakt.“ In der Agenda sind acht Handlungsfelder in drei Bereichen ausgewiesen, den neuen Realitäten soll mit Kreativität und Innovationskraft, mit breiter Vernetzung und Zusammenarbeit begegnet werden.

Die zentrale Rolle nimmt dabei der Mensch ein. Dessen Qualifikation, Ausbildung, Leistungsfähigkeit und Wissen um Produktionsabläufe wird essenziell für die Entwicklung und Umsetzung neuer Technologien in Vorarlbergs Unternehmen sein. Wobei als Wegbereiter des Fortschritts ein heimisches Innovations- und Start-up-Milieu fungieren soll, dynamisch und bestens vernetzt. Dass es da aber noch Aufholbedarf gibt, teilweise großen Aufholbedarf, auch das wurde bei der Präsentation der Agenda deutlich.
 „In Vorarlberg“, sagte Start-up-Gründer Thomas Gabriel, „fehlt noch eine lebendige Start-up-Szene“. Guntram Bechtold, Mitbegründer der „Digitalen Initiativen“, legte nach, ebenfalls mit deutlichen Worten: „Der Hunger, etwas Neues zu schaffen, ist der wichtigste Faktor. Das aber ist zugleich das größte Problem in der Region: Es geht uns zu gut.“ Dringend müsse man also von Ankündigungen hin zu Konkretem kommen. „Startupland“, auf Initiative der Wirtschaftskammer Vorarlberg ins Leben gerufen, setzt übrigens genau an diesem Punkt an.

Doch was nützen moderne Ideen, wenn technische Gegebenheiten nicht Schritt halten? Eine breitenwirksame Umsetzung datengetriebener Innovationen ist nur mit einem leistungsfähigen Netz möglich. Und da war, es wurde im Rahmen der Präsentation ebenfalls deutlich gesagt, das im Regierungsprogramm 2014  festgehalten Ziel einer flächendeckende Breitbandversorgung von 30 Mbit mutlos, zu wenig ambitioniert. Hans Peter Metzler, Präsident der Wirtschaftskammer, hat da andere Vorstellungen: „Ziel muss die Umsetzung einer 5G-Pilot­region Vorarlberg sein.  Das Land setzt zwar immer wieder Mittel ein, um den Breitbandausbau voranzutreiben, hat aber keine klare Strategie und wird nur dann aktiv, wenn Versorgungsengpässe auftreten. Was der Markt von selbst regelt, ist ausgereizt. Daher braucht es ein aktives Kümmern auf politischer und operativer Ebene.“

Eine Vorreiterrolle, wie sie Vorarlberg in so vielen Bereichen einnimmt, wäre hier so notwendig wie wünschenswert.  Denn Fakt ist: Vorarlberg ist österreichweites Schlusslicht, was die durchschnittliche Downloadgeschwindigkeit respektive Breitbandversorgung anlangt. Diese liegt bei knapp über 15 Mbit pro Sekunde.  Metzlers klare Worte: „Wir haben es in Vorarlberg immer wieder mit Leistungseinbußen durch Engpässe zu tun, die Versorgung funktioniert nur theoretisch, aber eben nicht praktisch. Angesichts der rasant steigenden Datenmengen macht es keinen Sinn, Mindestdownload-Raten zu definieren - das Ziel sollte eine flächendeckende Glasfaserversorgung sein.“

Ergo sind Rahmenbedingungen zu schaffen, damit digitale Innovationen und Entwicklungen in Vorarlberg überhaupt entstehen können, etwa über die Bündelung kreativer Köpfe mit Forschung und Entwicklung. Doch nicht zuletzt muss Bewusstseinsbildung stattfinden, auf allen Ebenen, wie Metzler sagt, „um den Menschen die Angst vor Veränderung zu nehmen“.

Denn Digitalisierung ist Gegenwart, neue Technologien haben längst sämtliche Bereiche in Gesellschaft und Wirtschaft durchdrungen. Das digitale Zeitalter hat vor Jahrzehnten schon begonnen, mit der Entwicklung der Halbleitertechnologie und der damit verbundenen Überführung analoger in digitale Inhalte. „Unser Alltagsverhalten, die Art, wie wir miteinander kommunizieren und Erlebnisse teilen, Meinungen austauschen, uns weiterbilden und informieren, viele Arbeitsweisen, Produktions- und Fertigungsverfahren haben sich durch die Verwendung digitaler Technologien bereits erheblich gewandelt“, heißt es in der Agenda. Doch neu ist die Dynamik des Fortschritts: Das Zeitalter der Digitalisierung ist von exponentiellen Entwicklungen geprägt. Und die umbruchartige Entwicklung betrifft längst nicht mehr nur einzelne Segmente, sie ist weitreichend in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht: Auswirkungen und Anforderungen des Wandels werden immens sein. „Der alten Welt“, sagte Stefan Hagen übrigens bei der Präsentation, „ist nicht bewusst, wie neu die neue Welt ist.“ Es gibt verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen, mit einem Wandel, der große Herausforderungen mit sich bringen wird – aber auch große Chancen.

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