Eva Deschler-Einwaller

Mitten im Wandel

Oktober 2016

Drei Stunden täglich nutzen wir unser Smartphone durchschnittlich und verbringen somit mehr Zeit mit ihm als mit dem besten Freund. Und wer nützt es noch zum Telefonieren? Viel eher fotografieren, navigieren, kommunizieren oder terminisieren wir – was einige Branchen ins Wanken bringt. Was bedeutet diese Digitalisierung, die mit dem Smartphone und dem mobilen Internet mehr und mehr zunimmt, und wie trifft sie uns im Alltag?

Handys wecken uns per Smartphone-Weckfunktion, Navigationsgeräte führen uns ans gewollte Ziel, mit einem Tablet lesen wir Bücher, Lieder hören wir über Musikstreaming-Plattformen und Kochrezepte holen wir uns aus dem Internet. Der digitale Wandel steht uns nicht bevor, sondern wir befinden uns mittendrin: Wenn Navigationsgeräte Straßenkarten, wenn Online-Rezeptplattformen Kochbücher ersetzen – also der Wechsel von analog zu digital –, dann spricht man vom digitalen Wandel, und der ist längst in sämtlichen Lebens- und Arbeitsbereichen angekommen. Musste man früher sein Röntgenbild selbst beim Radiologen abholen und dem Hausarzt mitbringen, läuft das nun digital. Der digitale Wandel umfasst nicht nur unseren privaten Alltag, sondern wird auch unsere Arbeitswelten, die Medizin, die Landwirtschaft verändern. Das sind Veränderungen, die uns das Leben vielleicht nicht erleichtern, aber leichter machen. Unser wichtigstes Arbeitswerkzeug ist der Computer, das effektivste das Smartphone. Und ein solches besitzen bereits acht von zehn Europäern – Tendenz stark steigend.

Neue Prozesse lernen

Wenn beinahe jeder einen mobilen kleinen Computer – das Smartphone – in der Tasche hat, mit dem man seine Mails abrufen kann, der einen an Termine und Aufgaben erinnert und sogar den Schlaf analysieren kann, ergeben sich auch für die Arbeitswelt enorme Potenziale. Gerade als Arbeitnehmer erleichtert das „mobile Büro“ den Arbeitsalltag. Aber auch in anderen Branchen bringt die Digitalisierung viele Vorteile mit sich – zum Beispiel für Handwerker: Egal ob eine App zur Zeiterfassung oder eine Bestellsoftware – Computer und Smartphones machen viele Arbeitsschritte einfacher und schneller, in allen Bereichen. Dokumente und Daten werden digital abgelegt, statt in Papierstapeln zu verschwinden. Kurz: Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und bringt eine Vielzahl an Chancen mit sich. Trotzdem bedeutet der Umstieg von traditionellen Geschäftsprozessen auf neue Modelle sowohl für die Unternehmen als auch für die einzelnen Arbeitnehmer große Herausforderungen: Gewohntes muss an neue Gegebenheiten angepasst werden. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen und Selbstständige – ganz egal ob Handwerksbetriebe, Dienstleistungsunternehmen oder Händler – tun sich mit der Neustrukturierung und Anpassung dieser neuen Prozesse häufig schwer.

Österreich ist (noch) nicht digital genug

Das könnte auch daran liegen, dass österreichische Unternehmen noch nicht wirklich auf den digitalen Wandel vorbereitet sind – und das, obwohl er längst stattfindet. Eine Studie des Marktforschungsunternehmens IDC weist österreichische Unternehmen als nur wenig digitalisiert aus. Diese Ergebnisse überraschen, nutzen doch sieben von zehn Österreicherinnen und Österreichern das Internet regelmäßig. Für das „Ländle“ gibt es eine gute Nachricht: Vorarlberg liegt neben Salzburg und Wien hinsichtlich der Digitalisierung klar vorne. Doch es gibt Verbesserungsbedarf. Die Towa Digital Agentur untersuchte 2015 die „digitale Fitness“ der Top-100-Unternehmen im Land – mit dem Ergebnis, dass nur die Hälfte dieser Unternehmen eine mobile-optimierte Webseite hat und 17 Prozent überhaupt keine sozialen Netzwerke verwenden. Lediglich 15 Prozent der Top 100 sind in der Lage, ihre Daten für digitales Marketing zu nutzen.

Das digitale Puzzle

Wie erstelle ich eine Homepage? Wie einen Facebook-Account? Mit welchen Tools kann ich die Arbeitszeiten und Aufträge digital erfassen? Wie wickle ich den Ein- und Verkauf online ab? Die Digitalisierung eines Unternehmens besteht aus vielen einzelnen Puzzlesteinen, die in unterschiedlichen Unternehmensbereichen angesiedelt sind – das geht vom Einkauf bis ins Personalwesen. Die Umsetzung und Kontrolle ist eine zentrale Aufgabe der Geschäftsleitung. Denn: Nur wenn der Chef/die Chefin die Digitalisierung aktiv angeht, kann der Innovationsgedanke in das gesamte Unternehmen übergehen. Das gilt nicht nur für große Unternehmen, sondern gerade auch für kleine Betriebe und Ein-Personen-Unternehmen: Nur wer mit eindeutigen Zielen und einer klaren Strategie an die Digitalisierung herangeht und dabei konsequent alle Geschäftsbereiche mit einbezieht, kann schnell Erfolge erzielen. Laufende Weiterbildung ist im digitalen Wandel unabdingbar. Unternehmen, die die ersten Schritte einmal gewagt und sich über digitale Tools und Möglichkeiten informiert haben, können einfach und kostengünstig an der schrittweisen Digitalisierung arbeiten. Dabei ist niemand auf sich allein gestellt, denn es gibt neben zahlreichen Service-Anbietern, an die sich IT-Fragen auslagern lassen, eine Vielzahl an Beratungsangeboten.

Schritt für Schritt durchs digitale Labyrinth

So stellt zum Beispiel die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) mit der Initiative „Digitale Perspektiven“ ein Service-Paket für Unternehmen und Selbstständige zur Verfügung, das Schritt für Schritt durch das digitale Labyrinth führen soll und Interessierten Ansprechpartner für alle digitalen Fragen zur Seite stellt. Auf der Webseite www.digitale-perspektiven.at erläutern Vorarlberger Experten, Unternehmer und Marketing-Fachleute praxisnah die Auswirkungen des digitalen Wandels – völlig unabhängig vom Wissensstand der Leser. „Mit den ‚Digitalen Perspektiven‘ wollen wir Klarheit, Orientierung und Kompetenz im Umgang mit neuen Medien fördern. Auf der Webseite gibt es informative, praxisorientierte Beiträge zu den verschiedensten Themen rund um die Digitalisierung“, informiert WKV-Direktor Helmut Steurer. „Auch völlige Anfängerinnen und Anfänger können in die Materie einsteigen und sich kostenlos informieren. Zusätzlich zur Webseite gibt es zahlreiche Kursangebote, zum Beispiel am WIFI.“ Die „Digitalen Perspektiven“ sollen Vorarlberger Unternehmen auch als Plattform für den Austausch dienen. Die Initiative organisiert regelmäßige „Stammtische“ bei führenden Vorarlberger Unternehmen, Agenturen und Dienstleistern, die Einblicke in ihre Digitalisierungsstrategien geben.

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