Sabine Barbisch

Vom Finden des Glücks in den Weinbergen des Piemont

Oktober 2016

Seit über 13 Jahren ist das italienische Dörfchen Montabone die neue Heimat von Harry König. Was die Entscheidung, nach Italien auszuwandern, mit einem Flohmarktfund zu tun hat und worin sich Piemonteser und Vorarlberger ganz ähnlich sind, erzählt der passionierte Winzer hier.

Dass ihn der Weinbau in den Bann gezogen hat, ist laut Harry König einem gewaltigen Zufall zu verdanken: „Auf einem Flohmarkt habe ich das Vorarlberger Lesebuch 1953 um 20 Schilling gekauft. Darin war eine Geschichte vom Großvater Nachbauer und seinem Enkel abgedruckt. Diese handelte davon, wie früher in der Vorarlberger Gemeinde Röthis Wein angebaut wurde.“ Diese Erzählung ließ ihn nicht los. König forschte weiter und stieß auf die hochinteressante Geschichte des Weinbaus in Vorarlberg: „Dort war zu lesen, dass auch meine Heimatgemeinde Lustenau im 15. Jahrhundert als Weinbaugemeinde angeführt war.“ Damit ging die ganze Sache für ihn erst richtig los. Er fuhr über den Rhein nach Berneck zu einer Rebschule und erkundigte sich nach Reben, die auch in Lustenau gedeihen würden, und wurde fündig: „Mit diesen unkomplizierten Reben machte ich dann meine ersten Versuche im Weinbau in Lustenau.“ König bewies ein glückliches Händchen und das Experiment gelang. Interesse und Neugierde waren längst von höheren Ambitionen abgelöst worden und der geschäftige Lustenauer legte in der Dornbirner Parzelle Haidach/Eschenau den ersten Weinberg an. Dieser wird auch heute noch bewirtschaftet, allerdings nicht mehr von ihm selbst: „Während dieser Zeit reifte der Gedanke, das Ganze professionell zu machen – und dafür kam nur das Piemont infrage. Dort lebe ich nun seit über 13 Jahren.“

Ein altes Anwesen erblüht zur Casa Re

Die Entscheidung für dieses „neue Leben“ als Winzer in Italien war nicht nur im Hinblick auf die Suche nach einem geeigneten Anwesen eine Herausforderung. Harry König beschritt damit auch beruflich völlig neue Wege. Er ist gelernter Buch- und Offsetdrucker, war unter anderem Landesdirektor einer Versicherung und zuletzt selbstständiger Versicherungsmakler. Daneben war er als Eishockeytrainer intensiv im Sport engagiert. Nachdem Kriterien wie Größe, Lage, Infrastruktur, Gebäude und vor allem die gewünschten Rebsorten definiert waren, begann die Suche nach dem perfekten Anwesen in der Wunschregion Piemont. In Montabone, einem Dörfchen mit knapp 350 Einwohnern, unweit der piemontesischen Stadt Acqui Terme gelegen, passte das alles. Im Jahr 2003 erfüllte sich der umtriebige Lustenauer seinen persönlichen Traum und er erwarb ein Anwesen mit einigen Hektar Weinanbaufläche: „Es war seit über 450 Jahren im Besitz einer Familie. Die letzte Generation bestand aus sechs Geschwistern, die alle kinderlos geblieben waren. Die Familie arbeitete noch immer gemeinsam auf dem Hof, auf dem Milchvieh gehalten und Ackerbau und Rebbau betrieben wurden.“ Das Anwesen, idyllisch eingebettet in eine Landschaft, die geprägt ist von dichten Wäldern und gepflegten Weinbergen, wurde groß umgebaut. Aus den ehemaligen Ställen und Heuböden wurden individuelle Gästezimmer und Ferienappartements. Es gibt je einen Degustations- und einen Seminarraum, beide wunderschön, und natürlich haben Weinkeller und Lagerräume für die zahlreichen Produkte und Maschinen ihren Platz auf Casa Re, was übersetzt „Haus König“ heißt.

Lebenstraum erfüllt

„Mein Traum war das Leben als Weinbauer“, sagt Harry König und kann mit dem, was er geschaffen hat, sehr zufrieden sein. Seine hochwertigen Weine sind fast durchwegs typisch piemontesisch, und die Auswahl ist groß: Von Moscato d’Asti DOCG und Brachetto d’Acqui DOCG über Barbera d’Asti DOCG und Cortese dell’alto Monferrato DOC bis zu Piemonte DOC, Chardonnay und einer Lagen-Cuvée aus Merlot und Syrah begeistert er Weinliebhaber allerorten.
Und wie ist es mit dem Leben abseits des Weinguts in Italien? „In Italien bist du als Österreicher sehr gern gesehen. Wir gelten als fleißig, sauber, ordentlich. Alles Attribute, die man auch den Schweizern und Deutschen nachsagt, aber die Österreicher gelten darüber hinaus noch als fröhlich und herzlich.“ Das Piemont als Region in Italien vergleicht König lachend mit Vorarlberg in Österreich: „,Ma schaffat viel’, ist anfänglich gegenüber anderen etwas reserviert und hat so seine Prinzipien.“ Gepaart mit der Herzlichkeit der Italiener vermisst er nicht sehr viel auf Casa Re: Käsknöpfle, Sauerkraut, Blut- und Leberwürste nimmt er jeweils von einem der regelmäßigen Kurzaufenthalte aus Vorarlberg mit. „Im Sommer genießen und bedienen wir uns hauptsächlich aus dem Füllhorn mediterraner Lebensmittel, teilweise aus dem eigenen Garten. Zusätzlich bringen uns Gäste aus Vorarlberg gerne Lustenauer Senf, Landjäger, Roggenweggen und andere Vorarlberger Köstlichkeiten mit.“ Einzig spontane Treffen mit Freunden, der Besuch eines Eishockeymatches oder eine Wanderung in den Vorarlberger Bergen lassen Sehnsucht nach dem Ländle aufkommen – „aber das kann man ja planen“, schmunzelt der Winzer. Mit 63 Jahren steht auch langsam das „Projekt Nachfolgeregelung“ an – noch aber lebt und genießt Harry König seinen Traum vom Winzersein auf Casa Re.

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