Ulrike Delacher

Die gebürtige Tirolerin studierte Germanistik und Integrierte Kommunikation. Sie leitet die Unternehmenskommunikation bei der Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Medizinische Physik – die unbekannte Disziplin im Krankenhaus

September 2016

Die Medizinphysik ist eine angewandte Wissenschaft – und hat mehr praktische Aufgaben und Verantwortung im Krankenhaus, als der Öffentlichkeit bewusst ist.

Bereits im Jahr 1989 wurde am LKH Feldkirch ein eigenes Institut für Medizinische Physik eingerichtet. Warum es sinnvoll ist, eine Physik-Abteilung in einem so großen Krankenhaus wie dem Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch einzurichten, erklärt Institutsleiter DI Dr. Thomas Künzler so: „Mit dem Fortschritt in der Medizintechnik hat auch die moderne Physik in den Spitälern Einzug gehalten: Laser, Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) in der Radiologie, Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in der Nuklearmedizin sowie Linearbeschleuniger für die Strahlentherapie sind heute Stand der Technik und aus dem Krankenhausalltag nicht mehr wegzudenken. Diese Geräte bedürfen strenger Qualitätskontrollen und regelmäßiger Messungen für den sicheren Patientenbetrieb. In all diesen Bereichen arbeiten wir Medizinphysiker – hinter den Kulissen und von Patienten und Angehörigen meist unbemerkt. Wir haben uns auf den Einsatz modernster Physik in der Medizin und ihre Kontrolle spezialisiert.“

Von der Wissenschaft bis zur Praxis

Die medizinische Physik als angewandte Wissenschaft strebt folgende Ziele an: die Anwendung physikalischer Methoden zum Verständnis des menschlichen Körpers, immer bessere Verfahren zur Untersuchung und Behandlung von Patienten und das Bereitstellen physikalischer Technologien in der klinischen Routine. Weitere Bereiche der medizinischen Physik sind: Navigationstechniken, magnetische Resonanzverfahren, Ultraschallverfahren, medizinische Optik, Lasermedizin, Audiologie und Strahlenschutz bei ionisierender und nichtionisierender Strahlung. Die Abteilung Physik am Landeskrankenhaus Feldkirch arbeitet vor allem im Bereich der medizinischen Strahlenphysik, die Physiker und Techniker arbeiten in der Röntgendiagnostik, Strahlentherapie und Nuklearmedizin und kümmern sich zudem um den Strahlenschutz für Personal und Patienten.

Physik als ein gemeinsamer Nenner für medizinische Disziplinen

„Mit der Errichtung einer eigenen Abteilung hat das LKH Feldkirch schon sehr frühzeitig der Bedeutung dieses Faches Rechnung getragen. Ob in der Strahlentherapie, der Nuklearmedizin oder der Radiologie: Die Technik schreitet immer weiter voran und ist ohne Physiker und ihre Expertise in der Betreuung der Fächer nicht mehr denkbar. Um auf aktuellstem Stand zu bleiben, ist nicht nur die Rezeption der aktuellen Literatur wichtig, sondern ganz besonders die ständige Fortbildung und der direkte Austausch neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse bei Tagungen, wissenschaftlichen Vorträgen und praktischen Workshops“, erklärt Künzler. Erst kürzlich trafen sich an die hundert deutschsprachige Medizinphysiker am LKH Feldkirch, um sich über aktuelle Themen auszutauschen und in Vorträgen über den neuesten Stand ihres Faches zu informieren.

Wichtige Kontrollinstanz im Krankenhaus

Wenn es in der medizinischen Physik um den Strahlenschutz geht, bedeutet dies die physikalische Überwachung des beruflich strahlenexponierten LKH-Personals. „Zur Kontrolle der Strahlung werden Personendosimeter verwendet, das sind passive Detektoren zur Messung der Strahlendosis“, erklärt Künzler. Monatlich werden 600 Dosimeter an alle beruflich strahlenexponierten Personen am LKH Feldkirch ausgeteilt, um ihre Strahlenexposition zu überwachen. Weiters organisiert das Institut die jährlichen obligatorischen Strahlenschutzuntersuchungen des betroffenen Personals und führt zudem die gesetzlich vorgeschriebenen Strahlenschutzunterweisungen durch.

Da in der nuklearmedizinischen Ambulanz verschiedene radioaktive Stoffe für diagnostische Zwecke eingesetzt werden, können radioaktive Nuklide ins Abwasser gelangen. Daher führen die Physiker eine Gammaspektrometrie durch: „Hierbei wird das Abwasser des Hauses regelmäßig auf radioaktive Stoffe untersucht. Im Weiteren kommen die Medizinphysiker bei speziellen Therapien der Nuklearmedizin für eine individuelle Therapieplanung zum Einsatz. Die Überprüfung von Geräten und Detektoren in der Nuklearmedizin – etwa die Gammakameras oder das PET – fallen ebenfalls in unseren Verantwortungsbereich“, führt Künzler aus. Insgesamt werden die meisten Qualitätskontrollen wie etwa Abnahme- und Konstanzprüfungen der Röntgenanlagen von den Physikern und Technikern des Instituts durchgeführt. Dabei geht es um die fortlaufende Prüfung aller Maschinenparameter, um einen sicheren Patientenbetrieb zu gewährleisten.

Medizinische Physik und Strahlentherapie

„Der Großteil unserer Tätigkeit in der Strahlentherapie befasst sich mit der individuellen Therapieplanung für die Patienten in Zusammenarbeit mit den Strahlentherapeuten“, erklärt Thomas Künzler. Für die Bestrahlung von Tumoren mittels Linearbeschleuniger werden Therapiepläne erstellt. In mehreren Therapiesitzungen werden modernste Bestrahlungstechniken angewendet. Ziel ist die volle Dosisabdeckung der Tumorzellen bei bestmöglicher Schonung der Risikoorgane.“
Das Institut für Medizinische Physik am LKH Feldkirch bündelt somit alle Dienstleistungen in einer eigenen Abteilung und betreut die Radiologie, die Nuklearmedizin, die Strahlentherapie sowie den Strahlenschutz an Vorarlbergs Schwerpunktkrankenhaus.

 

Factbox: Institut für Medizinische Physik

Gründung 1989 8 Physiker
Die Physiker sind verantwortlich für die Erstellung der Pläne zur Bestrahlung auf drei Linearbeschleunigern in der Strahlentherapie und für die regelmäßigen Kontrollen aller radiologische Anlagen der Vorarlberger Landeskrankenhäuser. Die Aufgaben des Strahlenschutzes im LKH Feldkirch werden ebenfalls durch das Institut betreut.

4 Techniker Der Aufgabenbereich der Techniker umfasst die Konstanzprüfungen in der Nuklearmedizin, der Röntgendiagnostik und der Strahlentherapie. Weiters sind sie zuständig für die Reparaturen der Geräte dieser Abteilungen.

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