Andrea Marosi-Kuster

Andrea Marosi-Kuster (45) leitet die Unternehmenskommunikation der Vorarlberger Landeskrankenhäuser. Sie ist studierte Biologin und gebürtige Burgenländerin.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Pathologie für alle

Juli 2016

Das Berufsbild der Pathologen hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Ihre Wirkstätten sind in unseren Köpfen als düstere Orte abgespeichert, in Wahrheit geht es um viel mehr. Die Untersuchung von Verstorbenen zählt schon längst nicht mehr zur alleinigen Aufgabe: Pathologen spielen in der modernen Medizin unter anderem eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Krebs. „Auch ein Großteil der Infektionserkrankungen wird durch unsere Befunde erst richtig eingeordnet“, betont Primar Felix Offner, Leiter des Instituts für Pathologie am LKH Feldkirch.

Rund 99 Prozent unserer Arbeit dient den lebenden Patienten. Das hat sich bedeutend gewandelt“, erklärt Offner. Das Institut erbringt dia­gnostische Leistungen für knapp 100.000 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger pro Jahr: Jedes Jahr werden etwa 65.000 Gewebeproben untersucht, knapp 65.000 mikrobiologische Proben und ca. 70.000 zytologische Proben. Ergänzt werden diese Leistungen durch tausende infektionsserologische und molekularpathologische bzw. molekulargenetische Tests.

Lebensretter im Hintergrund

Nahezu alle Erkrankungen – ob Tumore, Entzündungen, Stoffwechselerkrankungen, Infektionserkrankungen oder degenerative Erkrankungen – verursachen Gewebeveränderungen, die dia­gnostisch durch die mikroskopische, mikrobiologische und molekulargenetische Untersuchung von Patientenproben erkannt werden können. Ein Arbeitsschwerpunkt der Pathologen liegt in der Früherkennung, Diagnose und Therapiekontrolle von Krebserkrankungen. Ein Beispiel sind Dickdarm- und Mastdarmkarzinome. Primär wird die Diagnose mittels Biopsien (Entnahme und Untersuchung von Material – meist Gewebe – aus einem lebenden Organismus) gestellt, die im Rahmen von Darmspiegelungen gewonnen werden. Falls eine Operation notwendig sein sollte,werden auch die Operationspräparate analysiert und beurteilt.

Pathologen sorgen für Fortschritte in der Onkologie

Pathologen sind Weichensteller bei Therapien: Bei Entscheidungen für oder gegen eine medikamentöse Behandlung bei Krebspatienten sind molekularpathologische bzw. -genetische Analysen heutzutage von außerordentlicher Bedeutung. So lässt sich herausfinden, welche Gene des Tumors verändert (mutiert) sind, welche Auswirkungen diese Genmutationen auf das Tumorwachstum haben und wie in der Folge das Tumorwachstum therapeutisch unterbrochen werden kann. „Wir arbeiten bei der Klassifikation und der Beurteilung des Therapieansprechens von Tumoren mit den klinisch tätigen Ärzten in sogenannten Tumorboards (mehrere Ärzte unterschiedlicher Fachrichtung) eng zusammen, wie auch in analoger Weise bei Infektionserkrankungen“, erklärt Prim. Offner.

Achtung: Manch’ Gefahr ist unsichtbar!

Das Spezialgebiet von Dr. Harald Dirschmid und Dr. Richard Stockinger ist die Mikrobiologie. Die beiden Oberärzte des Instituts für Pathologie weisen in Proben, die aus dem ganzen Körper stammen können, verschiedenste Krankheitserreger nach. Winzig, unsichtbar und trotzdem gefährlich – Mikroorganismen (Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen/Einzeller), die Infektionserkrankungen auslösen, können im Institut klassifiziert werden. „Neben der Erkennung dieser Erreger werden zusätzlich auch Resistenztestungen vorgenommen. Dabei handelt es sich um Spezialverfahren, um festzustellen, welche Antibiotika für die Therapie geeignet sind oder gegen welche Antibiotika die Erreger unempfindlich (resistent) sind“, beschreibt Pathologe Dirschmid seinen Arbeitsalltag.

Sommer, Sonne, Spaziergang – und dazu gefährliche Souvenirs

Nach Spaziergängen sollte man stets achtsam sein: Es ist gut, wenn ein Zeckenimpfschutz (FSME) gegeben ist, trotzdem kann dies keine endgültige Entwarnung sein. Denn der gemeine Holzbock (Schildzecke in Österreich) ist auch Überträger der bakteriellen Infektionskrankheit Borreliose, gegen die es keine Impfung gibt. „Nach Wanderungen sollte die Haut am gesamten Körper kontrolliert werden. Entdeckt man eine Zecke, sollte sie rasch entfernt werden! Die Borrelien gelangen in der Regel erst nach 24 Stunden über die Stichwunde in den menschlichen Organismus. Wird die Zecke vorher entfernt, ist eine Übertragung höchst unwahrscheinlich“, gibt der Experte Dr. Stockinger Auskunft. Ein Merkmal der Borrelien-Infektion ist die sogenannte Wanderröte. In diesem Fall sollte eine Therapie mit Antibiotika erfolgen.

Reisen und Speisen

Die schönen, lauen Sommerabende sind rar und wollen gut genutzt sein. Damit unweigerlich verbunden ist das Grillen, dabei lauert jedoch der fiese Campylobacter. Die ebenso unangenehmen, aber selteneren Salmonelleninfektionen kennt jeder, doch der Durchfallerreger Campylobacter ist mittlerweile viel weiter verbreitet: Er tritt bei Lebensmitteln, am häufigsten bei Hühnerfleisch, auf und ist schwer zu bekämpfen. Campylobacter überlebt selbst im Tiefkühlfach! Die Folgen einer Infektion sind schwere Durchfälle mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Ebensolche Plagen ist man als Souvenir von Reisen in ferne Länder gewohnt: Reisediarrhoe ist meist harmlos, aber sehr unangenehm. „Sie wird durch Infektionen mit Bakterien oder Viren verursacht, manchmal auch durch Parasiten“, berichtet Dr. Stockinger. Oftmals müssen die Erreger durch eine Laboruntersuchung festgestellt werden (etwa der Norovirus). Auf Reisen ist Durchfall eine Begleiterscheinung, der man durch entsprechende Hygienemaßnahmen vorbeugen kann.

Helfer in größter Not

Besonders herausfordernd ist die mi­krobiologische Diagnostik bei akuten infektiologischen Notfällen wie Hirnhautentzündung (Meningitis) oder der sogenannten Blutvergiftung (Sepsis). Hier geht es buchstäblich um jede Stunde: Je früher die Erreger erkannt und gezielt behandelt werden können, umso höher ist die Chance, die schwer erkrankten Patienten retten zu können. „Häufig führt auch hier erst die enge Zusammenarbeit von Internisten, Intensivmedizinern und Pathologen zum Erfolg“, erklärt Dr. Dirschmid.

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