Walter Amann

Wir brauchen unseren Wald!

September 2016

Gerade heute, wo Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit, Umweltverschmutzung, aber auch die Suche nach Platz für Erholung und Freizeit wichtige Themen sind, kommt „unserem Wald“ immer mehr Bedeutung zu. Leider wissen zu wenige Menschen über den Wald und seine Eigenheiten Bescheid.

Etwas mehr als ein Drittel unseres Landes ist mit Wald bedeckt. Das entspricht zwar nicht ganz dem Bundesdurchschnitt, doch kommt dem Wald in Vorarlberg sehr große Bedeutung zu, da von mehr als der Hälfte der Waldfläche eine Schutzfunktion erwartet wird. Das heißt, dass in einer aus vielen Tälern bestehenden und von viel Niederschlag geprägten Landschaft wie Vorarlberg der Wald vor Lawinen, Muren und Hochwasser schützen soll, ja sogar muss! Würde dieser Schutz wegfallen, wären mehr als zwei Drittel der Siedlungsfläche von Naturgefahren bedroht.

Neben dieser Aufgabe wird von unserem Wald noch wesentlich mehr verlangt. Einerseits wird er von den Menschen seit jeher als wunderbarer und kostenloser Erholungsraum genutzt, andererseits zählt er zu den artenreichsten Lebensräumen, die es bei uns gibt. So ist der Wald die Heimat für unzählige Pflanzen- und Tierarten und bildet somit die Basis für eine hohe Biodiversität, welche in Zeiten einer globalen Artenverarmung von größter Bedeutung ist. Dazu kommt, dass unsere Wälder als Wasserfilter und Speicher für unser Trinkwasser sowie als grüne Lunge für die Luftreinigung überlebenswichtig sind. Zahlreiche Studien belegen die Gesundheitswirkung des Waldes auf den Menschen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Wald das Immunsystem stärkt, Stress abbaut und unter anderem auch gegen die Burnout-Erkrankung wirkt.

Doch auch wirtschaftlich haben unsere Wälder einiges zu bieten: Sie sind Produktionsfabrik für einen der besten, klimaneutral produzierten Rohstoffe: die verschiedenen, jährlich nachwachsenden Holzarten mit großartigen technologischen Eigenschaften. Das Produktionsverfahren ist genial und seit Millionen Jahren bewährt: Aus Wasser, Kohlendioxid und einigen Bodenmineralien wird Zucker und in der Folge Holz hergestellt. Die Energie für die Produktion bezieht die Produktionsfabrik Wald von der Sonne. Sie ist kostenlos, wie auch das verwendete Wasser und das Kohlendioxid.

Zudem gilt die Forst- und Holzwirtschaft als zweitgrößter Devisenbringer (nach dem Tourismus) und als Arbeitsplatz für etwa 3500 vollbeschäftigte Menschen in unserem Land (Waldbewirtschaftung, holzverarbeitende Industrie und Gewerbe) ist der Wald deshalb auch wirtschaftlich von größter Bedeutung.

Von der „Fabrik Wald“ werden in Vorarlberg jährlich 610.000 Kubikmeter Holz produziert, wovon durchschnittlich etwa 440.000 Kubikmeter mit einem Ernteerlös von rund 28 Millionen Euro geerntet werden.
Da wir von unserem Wald eine enorme Multifunktionalität erwarten, ist es von entscheidender Wichtigkeit, dass sowohl die Stakeholder des Waldes als auch jeder einzelne Bürger entsprechend aufgeklärt sind und aktiv dazu beitragen, dass die Funktionsfähigkeit der Wälder erhalten bleibt. Eine überintensive Nutzung des Ökosystems Wald kann gravierende Folgen für uns haben. Deshalb gilt es, äußerst besonnen und nachhaltig mit unserem Wald umzugehen. Übrigens, der Begriff Nachhaltigkeit ist mehr als 300 Jahre alt und hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft (Carl von Carlowitz, „Sylvicultura oeconomica“, 1713).

Gerade eine jagdliche Übernutzung kann zur Folge haben, dass es zu Schäden durch das Schalenwild (Reh, Hirsch und Gams) an der Waldverjüngung und an den Waldböden kommt und es dadurch notwendig wird, im Zuge von Sanierungsprojekten große Mengen an Steuergeldern investieren zu müssen, um der Bevölkerung und den Infrastruktureinrichtungen wieder ausreichend Schutz gewährleisten zu können. Aber auch bei angepassten Wilddichten können touristische Störungen, wie sie leider in den letzten Jahren zunehmend feststellbar sind, zu derselben Problematik führen. Gerade (Trend-)Sportarten wie Variantenskilauf (Freeriding), Paragliding oder Mountainbiking können bei rücksichtsloser Ausführung extreme Auswirkungen haben. So muss sich der Tourismus, aber auch jeder Freizeitnutzer an gewisse Spielregeln halten. Dem Vorarlberger Waldverein und dem Land Vorarlberg ist es daher wichtig, dass sich die verschiedenen Naturnutzer bewusst sind, welche Auswirkungen ihr Tun auf das Gesamtökosystem hat.

Generell gilt es in der Forstwirtschaft behutsam mit dem Wald umzugehen. Obwohl nachhaltig bewirtschaftete Schutzwälder die Schutzleistung besser erfüllen als nicht bewirtschaftete, muss diese Bewirtschaftung entsprechend schonend erfolgen. Regelmäßige Schutzwaldbewirtschaftung ist der günstigste Schutz vor Naturgefahren. So sind Schutzwaldsanierungen 10-mal und technische Verbauungen sogar 100-mal teurer als eine schutzwirksame Walderhaltung. Großflächige Nutzungen (Kahlschläge) haben hier natürlich nichts verloren, da diese gravierende Auswirkungen auf das Ökosystem Wald haben können. Auch das Belassen von Totholz im Wald ist für uns wichtig, da abgestorbene Bäume als Lebensraum und Nistplatz für seltene Tiere benötigt werden.

Grundsätzlich kann man der Forstwirtschaft in Vorarlberg ein gutes Zeugnis ausstellen. So ergab eine Untersuchung des Vorarlberger Vegetationsbiologen Prof. Georg Grabherr, dass die in Vorarlberg größtenteils umgesetzte kleinflächige und naturnahe Waldbewirtschaftung dazu geführt hat, dass wir im Bundesländervergleich die natürlichsten Wälder beheimatet haben („Hemerobiestudie“, Grabherr et al., 1996).

Da wir in Vorarlberg den Wald brauchen, darf „unser Wald“ keinem egal sein. Wir wollen daher durch Aufklärung die Bevölkerung entsprechend sensibilisieren. Dies wird bereits im Kindergarten- und Volksschulalter durch Waldschulen und ausgebildete Waldpädagogen entsprechend unterstützt. Und das ist wichtig!

 

Der Wald in Vorarlberg

  • Fläche: 97 000 ha (37 % der Landesfläche)
  • Rund die Hälfte unseres Waldes ist Schutz- und Bannwald.
  • 28.000 ha Wald wachsen auf einer Hangneigung von über 60 Prozent.
  • Im Gebirgsland Vorarlberg dominiert mit über 50 Prozent standortbedingt die Fichte. Gleichzeitig gilt Vorarlberg mit einem Vorratsanteil von 25 Prozent als Land der Tanne. Die Tanne hat in unseren Wäldern eine wichtige ökologische und stabilisierende Wirkung. Der tiefe Bodenaufschluss und die hohe Schattenverträglichkeit sind besonders hervorzuheben.
  • Jedes Jahr wachsen rund 610.000 Kubikmeter Holz nach. Genutzt werden im langjährigen Durchschnitt etwa 440.000 Kubikmeter.

 

Vorarlberger Waldverein

Der Vorarlberger Waldverein wurde im Jahr 1961 gegründet. Die rund 900 Mitglieder sind Freunde des Waldes, Forstleute, Waldbesitzer, Jäger und in der Forst- und Holzwirtschaft tätige Personen. Der Verein setzt sich für eine naturnahe, nachhaltige und multifunktionale Waldwirtschaft mit biotopangepassten Schalenwildbeständen ein. Die Förderung des heimischen, umweltfreundlichen Rohstoffes Holz als Baustoff und Energieträger ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Neben diversen Veranstaltungen wird vier Mal pro Jahr die „Kleine Waldzeitung“ aufgelegt. www.waldverein.at

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.