Ein naiver Vorschlag

Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofs, forderte dieser Tage ein Verbot von vorgezogenen Neuwahlen, garniert mit dem Satz: „Unser politisches System wird durch diese permanenten Neuwahlspekulationen gehemmt.“ Das mag ja stimmen. Nur ist Krakers Forderung nach einem Neuwahl-Verbot an politischer Naivität nicht zu übertreffen: Bislang hat noch jede Koalition einen Punkt erreicht, an dem sich die Partner nichts mehr zu sagen hatten. Soll eine Regierung tatsächlich über diesen Punkt hinaus bestehen bleiben? Da wäre der Stillstand doch endgültig zementiert. Die ÖVP ließ eben erst den Kanzler als Marxist im Sowjetstil darstellen; Kern umgekehrt geht seit Wochen mit seinem Plan A auf Wahlkampftour. Das soll die Basis für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sein? Das einzige, was die Truppe noch gemein hat, ist ihre gegenseitige Aversion. Und da ist eine Scheidung wohl der einzige Ausweg; weit besser jedenfalls als eine Zwangs­ehe zu Lasten des Landes und der Bürger. Der Haussegen hänge bereits so schief, dass selbst „die beste Paartherapie nichts mehr zum Positiven bewirken könnte“, höhnten die Blauen. Also, Frau Kraker: Nächster Vorschlag, aber bitte als Scheidungsanwältin und nicht mehr als politische Paartherapeutin …