Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

Alles was das Ohr begehrt

Juli 2016

So lautete 2012 der Titel einer Festschrift zum 100. Geburtstag der Deutschen Nationalbibliothek, in der auch das Deutsche Musikarchiv vorgestellt wurde. Der Auftrag der Deutschen Bibliothek, die über Standorte in Frankfurt und Leipzig verfügt, lautet, das wissenschaftliche Erbe in Schrift, Bild und Ton zu sammeln, zu dokumentieren, zu archivieren und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Am Leipziger Standort, zu dem das Musikarchiv gehört, haben sich so – unterstützt durch die bundesweite Abgabepflicht – über eine Million Tonträger aller Art angesammelt. Da Vollständigkeit das Ziel ist, werden hier von der Volksmusik bis hin zur klassischen Musik alle Gattungen gleichwertig behandelt.

In Österreich gibt es leider keine Abgabepflicht für Tonträger an die Nationalbibliothek oder die lokalen Landesbibliotheken, da hier nur die Verleger gedruckter Publikationen zur Ablieferung ihrer Produkte verpflichtet sind. Trotzdem gibt es mehrere Institutionen, die es als ihre Aufgabe ansehen, Musik als Kulturgut zu bewahren. In Österreich sind dies vor allem das SR-Archiv im Wiener Museumsquartier (www.sra.at), das sich für die Popularmusik (Jazz, Pop, Rock etc.) zuständig fühlt, und die Österreichische Mediathek (www.mediathek.at), eine Außenstelle des Technischen Museums, wo derzeit 530.000 Tonträger und Videos verschiedenster Formate, darunter über 100.000 Schellacks, archiviert werden.

Diese Einrichtungen sind umso wichtiger, als vor allem CDs von chemischen Prozessen bedroht sind, die dafür sorgen, dass sie immer schlechter lesbar und damit unbrauchbar werden. Viele Musikbibliotheken setzen daher auf die flächendeckende Digitalisierung, um einen unwiederbringlichen Verlust zu verhindern.

In Vorarlberg stellt sich die Situation je nach Musikgattung sehr unterschiedlich dar. Für die Volksmusik war sich bereits 1920 – von den Wirren des Ersten Weltkriegs geprägt – der Vorarlberger Landesmuseumsverein bewusst, dass eine planmäßige Sammlung von Volksmusik einen Beitrag zum geistigen Wiederaufbau leisten könnte. Damals noch auf den „bodenständigen Schatz an Volksliedern und Volksmusik“ beschränkt, entwickelte sich später das Volksliedarchiv zu einer Forschungsstelle, die sich bis heute im Gebäude des Landesarchivs befindet.

In der Musikdokumentationsstelle in Feldkirch wird die moderne klassische Musik abgedeckt; dort finden sich Informationen aller Art, auch Tonträger, zu Vorarlberger Komponisten, Musikern, Ensembles und Bands, darunter Gerald Futscher, Michael Floredo, Herbert Willi, Johanna Doderer und Richard Dünser, um nur einige wenige zu nennen.

Im Jahr 2000 wurde dann in der Landesbibliothek auch gegen den Widerstand von Stimmen, die damals noch glaubten, dass sich eine Bibliothek auf Gedrucktes konzentrieren solle, eine Tonträgersammlung gegründet. Niemand fühlte sich bis dahin in Vorarlberg dafür zuständig, alle Musikgattungen zu betreuen, was unweigerlich zu einem Verlust des musikalischen kulturellen Erbes des Landes geführt hatte. Das Ziel der neuen Sammlung war es nun, alle aktuellen Vorarlberger Musikproduktionen so vollständig wie möglich nachzuweisen, und zudem, durch den späten Start der Sammeltätigkeit verursacht, auch rückwirkend die zutage tretenden Bestandslücken zu schließen. Seither konnten fast 2500 Tonträger, darunter über 400 Schallplatten und etwa 60 Musikkassetten, katalogisiert werden.
Die Bestände der Landesbibliothek gliedern sich in sieben Gattungen: volkstümliche Musik, Volksmusik, Popularmusik, Kinderlieder, Musikschulen und Musikvereine, klassische Musik sowie in Vorarlberg produzierte Musik.

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