Sabine Barbisch

Von der Liebe zur Schauspielerei

Juni 2016

Von einer kleinen Rolle im Harder Kindertheater auf die großen Bühnen des deutschen Theaters – Christiane Motter lebt ihren Traum von der großen Schauspielkarriere. In „Thema Vorarlberg“ erzählt sie von ihrer ersten Theaterrolle, dem Spielen der unterschiedlichsten Figuren und wie das Leben zwischen Bühne und Familie gelingt.

Christiane Motter verfügt über spielerische Fantasie und eine sehr besondere Ausstrahlung, gepaart mit hoher Musikalität und einer wundervollen Stimme. Das Publikum wird von den Figuren, die sie auf der Bühne verkörpert, in den Bann gezogen und für sie eingenommen. Ihr gelingt es, das Publikum emotional zu berühren – ohne jedes falsche Gefühl oder Effekthascherei.“ Mit diesen Worten verlieh Ulrich Commerçon, saarländischer Kultusminister, in diesen Frühjahr den Ehrentitel „Staatsschauspielerin“ an die Harderin Christiane Motter. Aktuell tragen nur drei weitere Mitglieder des saarländischen Staatstheater-Ensembles, an dem Motter seit der Spielsaison 2002/ 2003 engagiert ist, diesen Titel. Neben der mit dem Ehrentitel verbundenen großen Wertschätzung ihrer Arbeit war die Art der Verleihung ein ganz besonderes Erlebnis für die Schauspielerin. „Es war ein großer Moment: Ich wusste gar nichts und wurde nach einer Vorstellung während des Applauses nach vorne auf die Bühne geholt. Beklatscht und gefeiert von Publikum und Kollegen wurde ich dann geehrt.“ Mit ihrem sympathischen Lachen fügt Christiane Motter hinzu: „Ich stand neben mir – aber es war toll!“

Am Anfang stand „Tischlein deck dich“

Dieses Gefühl, oder besser die Gewissheit, auf der Bühne genau richtig zu sein, wie sie es im Moment der Ehrung zur Staatsschauspielerin erlebt hat, spürte Christiane Motter schon in ihrer Kindheit. Sie hatte eine ausgeprägte Fantasie und Vorstellungskraft, anhand derer sie sich in fremde Welten träumte und Geschichten auf ihre Art erzählte. Zu der Zeit fand das noch ohne großes Publikum statt: „Es gab zwei Platten meiner Eltern, die ich besonders liebte: Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 und Tschaikowskis ,Capriccio Italien‘. Die legte ich mir auf und versuchte, die Stimmung durch Tanzen auszudrücken – und so sprang und hüpfte ich durchs Wohnzimmer.“ Ihre erste Rolle hatte sie dann mit zarten sechs Jahren im Harder Kindertheater. Motter erinnert sich schmunzelnd zurück: „Ich durfte nur den Goldesel in ‚Tischlein deck dich‘ spielen und hatte einen einzigen, großartigen Satz zu sprechen: ‚Ich speie Gold, so viel ihr wollt, iiii aaahh!“ Ihre Begeisterung war trotz der kleinen Rolle ganz groß. Nach diesem kurzen Ausflug ins Schauspielfach widmete sie sich dem Ballett und hatte ein karriereentscheidendes Engagement: „Ich wirkte bei der Oper ,Die Zauberflöte‘, die bei den Bregenzer Festspielen aufgeführt wurde, als Tanzstatistin mit – da wusste ich, dass ich zur Bühne möchte.“ Mit diesem Ziel vor Augen war der nächste Schritt klar: Christiane Motter zog nach Wien und machte zwischen 1986 und 1989 eine Musicalausbildung am Theater an der Wien und genoss dann eine Schauspielausbildung bei Eva Zilcher. 1993 wechselte sie nach Regensburg ans Stadttheater, wo sie bis 1999 spielte, bevor sie ihre Zelte für zwei Jahre in Konstanz am Stadttheater aufschlug. Seit der Spielsaison 2002/2003 ist die 48-Jährige am Saarländischen Staatstheater engagiert und glänzte schon in vielen Rollen. „Meine erste Rolle hier in Saarbrücken war die Mutter von Shockheaded Peter, einem Musical nach Struwwelpeter mit Musik von Tigerlillies“, erinnert sie sich gerne an ihre Anfänge zurück. „Die Offenheit und Kollegialität der Schauspielgruppe hat mir den Einstieg neben der schönen und spannenden Arbeit erleichtert. Dieses mittlerweile wunderbar zusammengewachsene Ensemble begeistert mich bis heute.“

Der Maskenstuhl für den Rollenwechsel

Trotz der Liebe zum Theater hat Christiane Motter auch Filmluft, wie etwa mit einer Rolle im Tatort, geschnuppert. Warum sie trotzdem die Theaterkarriere vorgezogen hat? „Mir gefällt die kontinuierliche Arbeit mit Kollegen und Regisseuren. So habe ich die Möglichkeit, eine Rolle über einen Zeitraum von mehreren Wochen zu entwickeln. Und vor allem liebe ich die Unmittelbarkeit – den Moment, eine Figur jeden Abend mit dem Publikum als Partner neu zu erleben.“ Aktuell ist sie als Amme in Shakespeares „Romeo und Julia“, als Ivy in „Eine Familie“ und „sparte4“ in „Tschick“ zu sehen. Man kann sich kaum vorstellen, wie der Rollenwechsel zwischen diesen ganz unterschiedlichen Figuren gelingt. Die Staatsschauspielerin erklärt: „Wenn ich viele Vorstellungen zu spielen habe – manchmal sind es fünf unterschiedliche Stücke, die parallel laufen –, gehören zu diesem Prozess viele Mosaiksteine.“ Einer sei der Maske-Stuhl berichtet Christiane Motter mit einem Augenzwinkern: „Ich gehe in den Maskenraum des Theaters. Ich schließe meine Augen und lasse mich schminken. Erst dann werfe ich einen Blick in den Spiegel und weiß: „Aha wir spielen also ,Romeo und Julia‘.“ Mit ihrer offenen und heiteren Art klingt das ganz einfach. Ihr Arbeitsalltag ist dagegen strikt getaktet: „Geprobt wird zwischen 10 und 14 Uhr und dann von 18 bis 22 Uhr – oder es findet abends eben eine Vorstellung statt. Das gilt natürlich auch fürs Wochenende, der Montag ist allerdings frei.“

Zwischen Bühne und Familienleben

Und diese freie Zeit will gut genutzt sein: Mit ihrem Mann hat Christiane Motter einen siebenjährigen Sohn. „Wir managen unseren Alltag ganz gut“, meint die Schauspielerin, die mit ihrer Familie nahe dem Zentrum von Saarbrücken und doch im Grünen und in der Nähe eines Waldes lebt. „Als Selbstständiger kann sich mein Mann freier bewegen als ich – so können wir uns gemeinsam um unseren Sohn kümmern.“ Als dieser im Alter von drei Jahren einmal mit Freunden am Theater vorbeifuhr und sagte: „Das ist das Theater, da wohnt meine Mama“, habe ihr das doch sehr zu denken gegeben. „Mittlerweile hat er mich schon oft ins Theater begleitet und einen Blick hinter die Kulissen geworfen, bei Proben zugesehen und hinter der Bühne meine Kollegen kennengelernt und sich so mit dem Umstand, dass ich abends oft nicht daheim bin, versöhnt.“ Die dreiköpfige Familie schätzt an der neuen Heimat besonders die Offenheit der Saarbrücker. „Durch die unmittelbare Nähe zu Frankreich gibt es hier viel vom ‚savoir vivre‘. Kurz: Hier wird das Leben genossen: Bei den ersten Sonnenstrahlen findet das Leben draußen, in Parks, auf Plätzen und in Cafés statt. Die Saarländer sind sehr offen und herzlich – und so erlebe ich uns Vorarlberger auch“, bringt Christiane Motter die abschließende Frage nach neuer und alter Heimat lachend auf den Punkt.

Lebenslauf
Christiane Motter wurde im März 1968 in Bregenz geboren und ist in Hard aufgewachsen. Nach dem Besuch des Gymnasiums Gallusstift, entschied sie sich für eine Musicalausbildung am Theater an der Wien und dann für eine Schauspielausbildung bei Eva Zilcher. Es folgten unter anderem Engagements im Stadttheater Regensburg und im Stadttheater Konstanz. Seit 2002 ist Christiane Motter festes Ensemblemitglied am Saarländischen Staatstheater und wurde heuer mit dem Ehrentitel Staatsschauspielerin ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihrem siebenjährigen Sohn lebt sie in Saarbrücken.

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