Michael Grahammer

Unternehmensberater

Auf Augenhöhe

September 2017

Selbst seine Wähler werden Trump heute bestenfalls als „unkonventionell“ titulieren, für die meisten von uns gilt er vermutlich eher als verhaltensauffällig. Ungeachtet einer medizinischen Diagnose seines Verhaltens hat seine Wahl maßgeblichen Führungspersonen innerhalb der EU die Augen geöffnet. Nach einer langen Zeit der blinden Gefolgschaft gegenüber einem vermeintlichen Verbündeten, scheint sich das Bewusstsein durchzusetzen, dass Europa in jeder Hinsicht auf eigenen Beinen stehen muss. Dies gilt ganz besonders für Wirtschaftsfragen.

Schon viele Jahre vor Trump haben die USA die Position der Weltmacht und die Stellung des US-Dollars als Leitwährung mit wenig Skrupel zu ihren eigenen Gunsten genutzt. Die verschiedenen Sanktionen haben neben den betroffenen Ländern in erster Linie europäischen Unternehmen Schaden zugefügt. Vielfach wurden unter dem Deckmantel der Moral Lieferungen, die bislang von europäischen Unternehmen getätigt wurden, schlichtweg von amerikanischen Mitbewerbern übernommen, während europäische Banken und Unternehmen mit exorbitanten US-Strafzahlungen für angebliche Sanktionsverletzungen bedacht wurden. Mit FATCA wurden nicht nur europäische Banken im Rahmen eines perfiden, weil nicht reziproken Systems der gegenseitigen „Vernaderung“ zu Handlangern der US Steuerbehörde gemacht, während Offshore-Gelder weiterhin ungehindert nach Delaware, Nevada und South Dakota fließen. Und die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass viele europäische Entscheidungsträger ernsthafte Bemühungen zeigen, der EU neues Selbstbewusstsein zu verleihen. Das Ziel können nicht Vergeltungsmaßnahmen sein. Aber Stärke, Selbstbewusstsein und Zusammenhalt innerhalb der EU bilden die Grundlage für künftige Abkommen auf Augenhöhe.