Reinhard Schertler

i+R Gruppe, Lauterach

Richtiges verdient eine zweite Chance

September 2017

Anfang 2017 spucke ich große Töne: Flüchtlinge sollen bei uns unkompliziert einen Arbeitsplatz samt Ausbildung bekommen. Deutschkurs inklusive. Der Bau brummt, wir brauchen dringend Arbeitskräfte – das muss doch klappen! Mit dem Land und dem AMS werden rasch 20 Kandidaten gefunden und los geht’s. Aber nichts da! Weit gefehlt! Zur Einschulung tauchen nur zehn auf, am ersten Arbeitstag sind es dann nur noch fünf, am zweiten zwei und nach einer Woche ist keiner mehr da. Ernüchternd, frustrierend, eine riesige Pleite!

Mitte 2017 sind wieder 14 Kandidaten bei uns. i+R-Mitarbeiter haben sich selbst entschlossen, einen zweiten Versuch zu starten. Man strengt sich an, nimmt die Angelegenheit sehr ernst, ist engagiert und vorbereitet. Wieder mit dem Land und dem AMS wird nun ein detaillierter Ausbildungsplan erarbeitet. Junge Migranten sollen eine vollwertige Lehrausbildung zum Maurer oder Tiefbauer machen. Das große Ziel ist die Meisterprüfung.

Die Überlegung dahinter ist eigentlich banal: Wer sich anstrengt und die Lehre abschließt, kann sich dann aus eigener Kraft ein neues Leben aufbauen. Entweder als Heimkehrer in Syrien oder als steuerzahlender Arbeiter in der EU, am besten gleich bei i+R. Und dieses Mal klappt es!

Die angestammte, oft kritische Baumannschaft ist zufrieden, die neuen Lehrlinge auch. Ein voller Erfolg auf allen Ebenen und die positive Erkenntnis, dass es doch funktioniert. Aber warum eigentlich? Ich weiß es nicht. Vielleicht haben sich alle mehr angestrengt. Wir, das Land, das AMS und auch die Flüchtlinge selbst. Und das ohne sinnlose Hektik, alte Vorurteile und falsch verstandene Sozialromantik. Und für mich ist klar: Es lohnt sich für alle, Richtigem eine zweite Chance zu geben.