Peter Freiberger

Auf neuen Pfaden zu Olympia

Dezember 2016

„All in“ – alles in die Waagschale wirft seit dem heurigen Sommer das Olympiazentrum Vorarlberg in Dornbirn für und mit zehn Wintersportler(n), damit die sich für die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang qualifizieren. Ein völlig neues Vorbereitungskonzept soll dies ermöglichen. Die letzte Vorarlberger Olympiamedaille datiert übrigens aus dem Jahr 1998.

Fünf „alpine“ Damen und Herren, drei Snowboarder, eine Langläuferin und eine Skispringerin bilden das sogenannte „All in“-Team. Die Bekanntesten sind wohl die Snowboardcrosser Markus Schairer, Alessandro Hämmerle und Lukas Mathies. Zumindest bereits Weltcupluft schnuppern durften die „Alpinen“ Christian Hirschbühl, Frederic Berthold, Daniel Meier, Elisabeth Kappaurer und Christine Scheyer. Skispringerin Eva Pinkelnig hat sich im Weltcup bereits etabliert, die Langläuferin Jasmin Berchtold soll für Olympia 2022 aufgebaut werden. „Wir setzen auf ein Dreieckssystem“, sagt Sebastian Manhart, Geschäftsführer des Olympiazentrums. Eine Ecke bildet der ÖSV, eine andere der Athlet, die dritte das Olympiazentrum. Die Sportler wurden nicht gezwungen, mitzumachen, sondern dazu eingeladen. Freilich hatten sie gewisse Voraussetzungen zu erfüllen – große Chancen auf die Qualifikation für Olympia lautete eine davon. „Nachdem die Athleten feststanden, sind wir auf den ÖSV zugegangen“, informiert Manhart.

Der österreichische Skiverband gibt seinen Spitzensportlern für die Sommermonate üblicherweise Pläne für das Konditionstraining mit nach Hause. Den „All In“-Athleten steht überdies noch in Dornbirn eine kompetente Bezugsperson zur Verfügung. Dabei handelt es sich um einen Sportwissenschaftler oder einen Physiotherapeuten.

Individuelles Arbeiten

„Unsere Grundidee ist individuelles Arbeiten, das unter Umständen auch einmal in passenden Gruppen zusammenfällt“, erläutert Manhart. Alles in Abstimmung mit dem ÖSV. Im Olympiazentrum steht die Athletik im Mittelpunkt. Einen hohen Stellenwert nehmen Trainingspläne und -inhalte ein, die genau aufeinander abgestimmt und koordiniert sind – Regeneration inklusive. In diesem Zusammenhang spielt die jeweilige Bezugsperson eine entscheidende Rolle. Damit behebt man ein bisheriges Manko des Sommertrainings. Den „All In“-Athleten wird außerdem ein exklusiver Zugang zu einer höchst individuellen und detaillierten Ernährungsberatung geboten. Das Coaching baut auf Blutbild, Ernährungsprotokoll, Trainings- und Wettkampfplanung auf. Dieselbe Vorzugsbehandlung genießen die potenziellen Olympioniken auch bei der Betreuung durch Physiotherapeuten und Sportmediziner. Das Feld der Sportpsychologie ist derzeit hingegen noch ein – fast – leeres. Zwar gibt es in Vorarlberg ein Landeskompetenzzentrum für Sportpsychologie, im Olympiazentrum selbst steht für diesen wichtigen Bereich aber nicht permanent ein Experte zur Verfügung.
Die Snowboardcrosser Hämmerle und Schairer können seit heuer – zusätzlich zur individuellen Betreuung – überdies auf ein ganz besonderes Trainingsgerät zurückgreifen: Dank der Finanzierung durch das Österreichische Olympische Comité (ÖOC) hat man auf der Birkenwiese ein Doppelstartgate samt Schneeteppich errichtet. Das spielt fast alle Stückerln – inklusive Kraftdiagnostik in den Griffholmen.

Die Erwartungshaltung an die zwei Boardercrosser fällt wohl etwas höher aus als bei den anderen „All in“-Athleten. Bei beiden geht es nicht um die bloße Qualifikation für Südkorea, sie arbeiten im Olympiazentrum auf Medaillen in Pyeongchang hin.

Alle haben Olympia-Potenzial

„Das Potenzial für die Qualifikation sehe ich bei allen, die Langläuferin Jasmin Berchtold peilt aufgrund ihres Alters Olympia 2022 an“, zeigt sich Sebastian Manhart optimistisch. Als Basis für seine Zuversicht nimmt er beispielsweise bei den Alpinen die Zeiten her, die sie im Sommer-Schneetraining in Südamerika und Neuseeland gefahren sind. Dem Vernehmen nach war etwa Christine Scheyer teilweise schneller als Conny Hütter, Daniel Meier im Riesentorlauf an Marcel Hirscher dran. Diese nackten Zahlen stellen vermutlich das Resultat der Athletikvorbereitung in Vorarlberg dar. „Wir konnten im abgelaufenen Sommer ohne Verletzungssorgen geplant und strukturiert arbeiten“, freut sich Manhart. „Das gab es bisher noch nie. Die Basis ist so gut wie lange nicht.“

Die Verantwortlichen im Olympiazentrum haben alles in Bewegung gesetzt, dass möglichst viele der „All In“-Athleten in Südkorea dabei sind. „Wir können die Leistungsentwicklung planen, die Sportler auf das erforderliche athletische Niveau heben, dass sie es schaffen und eventuell sogar eine Medaille gewinnen“, sagt der Geschäftsführer. Für den Erfolg dann am Tag X brauche es mehr. „Nicht unbedingt Glück“, meint Manhart. „Es reicht, kein Pech zu haben.“ Die Zeit für eine Vorarlberger Olympiamedaille wäre jedenfalls reif genug. Als bisher letzter Vorarlberger Wintersportler gewann Mario Reiter 1998 in Nagano Edelmetall. Und das glänze sogar in Gold. Seither herrscht Edelmetallflaute.

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