Herbert Motter

Der Freihandel: Garant für Wohlstand und Arbeit

September 2017

Ein möglichst ungehinderter Zugang zu Auslandsmärkten ist vor allem für KMU entscheidend. Für sie ist das Vordringen in neue Märkte eine besondere Herausforderung, da damit häufig bürokratische Hindernisse und nicht selten die Einhebung von Spitzenzöllen verbunden sind. Internationale Handelsabkommen schaffen Abhilfe.

Dass Handel das Wachstum einer Volkswirtschaft fördert, erklärte bereits der britische Ökonom David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts mit seiner Theorie der komparativen Vorteile. Eine Volkswirtschaft soll jene Güter produzieren, bei deren Produktion sie relative Vorteile hat, und diese gegen andere Güter tauschen. Das klassische Argument wurde später unter anderem vom US-Nobelpreisträger Paul Krugman erweitert, der aufzeigte, dass Handel über Produktvielfalt, Skaleneffekte (Abhängigkeit der Produktionsmenge von der Menge der eingesetzten Produktionsfaktoren) und verstärkten Wettbewerb zu Effizienz- und Wohlstandsgewinnen führt.

Österreich als kleines, rohstoffarmes Land braucht heute den internationalen Handel mehr denn je. Als wirtschaftlich hoch entwickelte kleine Volkswirtschaft sind wir einerseits von Importen für Produktion und Konsum abhängig. Andererseits benötigen wir Exportmärkte, um unsere Waren und Dienstleistungen absetzen zu können.

Wohlstandseffekte entstehen aber nicht nur durch den geregelten Marktzugang für den Exportsektor. Produzenten profitieren von günstigeren Vorleistungen, Konsumenten steht ein preiswerteres und vielfältigeres Angebot zur Verfügung, der gesteigerte Wettbewerb führt zu Produktivitätsgewinnen. Und schließlich erlauben Freihandelsabkommen Österreichs Unternehmen, sich ihren Platz in den globalen Wertschöpfungsketten zu sichern. Diese verdeutlichen, dass bei einem Abbau von Handelshemmnissen nicht nur die Exportwirtschaft und deren Zulieferer profitieren. Dem produzierenden Gewerbe sowie den Konsumenten steht ein preiswerteres und vielseitigeres Importangebot zur Verfügung. Der Austausch von Gütern und Dienstleistungen führt also insgesamt zu einer Ausdehnung der Konsummöglichkeiten.

Laut TiVA-Datenbank („Trade in Value Added“) der OECD werden 34 Prozent der heimischen Wertschöpfung durch Exporte von Waren und Dienstleistungen erwirtschaftet. Davon profitieren neben den Exportunternehmen auch deren Zulieferbetriebe. Einer Schätzung der Wirtschaftskammer Österreich zufolge sichert der Export 33 bis 50 Prozent der Arbeitsplätze in Österreich. 375.000 zusätzliche Arbeitsplätze sind seit 1989 aufgrund verstärkter Wirtschaftsintegration und Handelsabkommen entstanden. Seit damals hat sich auch das BIP-Wachstum um 21,1 Prozent erhöht.
Vorarlberg zählt seit sieben Jahren zu den dynamischsten Exportländern. Um rund 34,2 Prozent konnte seit 2010 das Exportvolumen gesteigert werden. Einzig das Burgenland konnte da mit 30,2 Prozent Erhöhung mithalten. In den vergangenen 25 Jahren ist die Zahl der österreichischen Exporteure von 12.000 auf 55.000 Unternehmen gestiegen. Die Ostöffnung 1989, der EU-Beitritt Österreichs 1995 und die Einführung des Euro 2002 galten als die großen Exporttreiber für heimische Unternehmen.

Veränderte Dynamik auf den Weltmärkten

Während der europäische Binnenmarkt eher an relativer Bedeutung verliert, spielen Drittländer wie etwa Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, aber auch die USA oder Kanada eine immer wichtigere Rolle. Zwar stieg in den vergangenen zehn Jahren der heimische Exportanteil in Drittländer von 24 auf 29 Prozent (gemessen an den österreichischen Gesamtexporten), diese Entwicklung hat jedoch nicht ausgereicht, um der Stagnation der heimischen Exportquote bei knapp über 50 Prozent des BIP und damit der Reduktion des österreichischen Anteils am Welthandel entgegenzuwirken. Mit einem besseren Zugang zu anderen Märkten – der auch mit weiteren Handelsabkommen erreicht wird – kann die österreichische Exportleistung weiter steigen und so Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in Europa und Österreich schaffen beziehungsweise sichern. Im Gegensatz zu den multilateralen Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation erlauben Freihandelsabkommen eine größere Flexibilität und bieten die Möglichkeit, bei jedem Freihandelspartner den Abbau von Handelshemmnissen individuell auszuhandeln. Moderne Freihandelsabkommen umfassen dabei weit mehr als nur den Abbau von Handelshemmnissen für den Güterverkehr und den Schutz von geistigem Eigentum. Gerade in Hinblick auf die bereits fortgeschrittene Liberalisierung des Güterverkehrs dürfte den Regeln zu technischen Handelshemmnissen (Behinderungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs), zum Dienstleistungshandel, zu Investitionen und zum öffentlichen Beschaffungswesen in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen. Besonders in Zeiten des drohenden Protektionismus wird es umso wichtiger, die internationale Kooperation mit bestehenden Handelspartnern aufrechtzuerhalten und zu stärken sowie neue Partnerschaften aufzubauen.

Cornelia Mayrbäurl, Expertin für Außenwirtschaftsbeziehungen bei „Agenda Austria“, schreibt: „Unbestritten ist, dass Freihandel nicht nur erfreuliche Folgen hat. Er bringt Wohlstand für die breite Mehrheit der Beteiligten, aber nicht für alle. Mit ihm kommen nicht nur günstigere Produkte ins Land, sondern auch ein verschärfter Wettbewerb, der zuweilen ziemlich ungemütlich werden kann. Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für die USA, wo immer öfter für ,buy American’ geworben wird. Unbestritten ist aber auch, dass freier Handel für die ärmeren Regionen der Welt der verlässlichste Fluchthelfer aus der Armut ist. Allein in China wurden in den vergangenen 25 Jahren fast 900 Millionen Menschen aus der bittersten Armut geführt – eine Entwicklung, die ohne Öffnung der Handelsgrenzen undenkbar gewesen wäre“.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.