Helmut Steurer

Ehemaliger Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Christine Kees)

Jamaika-Aus: Na und?

Dezember 2017

Das Ende der deutschen Verhandlungen um eine etwaige Jamaika-Koalition war von Printmedien und in Talkshows äußerst dramatisch beschrieben worden, die Medien hatten schwere Konsequenzen für Deutschland und ganz Europa prophezeit, maßgeblich auch für die Wirtschaft. Dabei ist die Wahrheit eine ganz andere: Das Ende von Jamaika wird keine Auswirkungen haben. Aber überhaupt keine.

Deutliches Indiz dafür war die Tatsache, dass die ansonsten recht nervösen Börsen überhaupt nicht auf den Abbruch der Verhandlungen reagierten; im Gegenteil, sie zogen leicht an. Wenn es also überhaupt eine Reaktion der Wirtschaft auf die deutsche Politposse geben wird, dann lediglich eine positive. Man könnte auch sagen: Die wirtschaftliche Entwicklung und die wirtschaftliche Szene haben sich von derlei politischen Ereignissen längst abgekoppelt. Zumindest in unseren Breiten. Ergo wird das Jamaika-Ende auch auf die Exportchancen der Vorarlberger Unternehmen in Deutschland keinen Einfluss haben, es ist wirtschaftlich einerlei, ob nun in zwei oder erst in drei Monaten eine neue deutsche Regierung steht oder nicht.

Selbst wirkliche internationale Krisen, dramatische Ereignisse, hatten auf die internationalen Handelsbeziehungen erstaunlicherweise keinen Einfluss – weder die großen Krisenherde im Nahen Osten noch der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, auch wenn die Sanktionen absolut ärgerlich und überflüssig sind. Es fanden sich in diesen Fällen schnell wieder alternative Märkte, eine Erschütterung der Wirtschaft gab es erst gar nicht. Nun ist Wirtschaft aber auch viel Psychologie. Und deswegen ärgert es, wie die Medien die aktuelle deutsche Debatte dramatisieren. Denn je länger dieses fahrlässige Spiel der Verunsicherung betrieben wird, je intensiver vor einer dramatischen Situation gewarnt wird, desto eher wird auch ein tatsächlicher Schaden eintreten, im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung quasi. Ein nüchterner Blick auf das Geschehen täte uns allen gut, auch den Medien. In diesem und in anderen Fällen.

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