Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Klare Verlierer wären die Freiberufler und die Immobilienbranche“

Dezember 2016

Die Denkfabrik Agenda Austria hat die von SPÖ-Seite geforderte Wertschöpfungsabgabe genauer untersucht – und festgestellt, dass die Maßnahme „längerfristig zu negativen Effekten für den Arbeitsmarkt“ führen würde.

Mit einer seiner ersten Wortmeldungen als Kanzler hatte Christian Kern im Juni des Vorjahres die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe gefordert und damit eine Idee aufgegriffen, die die SPÖ bereits zu Beginn der 1980er-Jahre in die politische Diskussion eingebracht hatte – auch damals sehr zum Ärger der Wirtschaft. Was aber wäre die tatsächliche Wirkung einer solchen Abgabe? „Die Wertschöpfungsabgabe in dieser Form“, heißt es in einer aktuellen Studie der Agenda Austria, „würde Investitionen zusätzlich belasten und dadurch längerfristig zu negativen Effekten für den Arbeitsmarkt führen.“ Autorin Monika Köppl-Turyna räumt zudem mit einer falschen Annahme auf: „Eine Wertschöpfungsabgabe nach dem SPÖ-Modell hätte mit einer ‚Maschinensteuer‘ auch kaum etwas zu tun. Denn sie würde den Dienstleistungssektor, vor allem Freiberufler, stärker belasten als die Industrie.“

Wie kommt die Autorin zu diesem Schluss? Nun, einleitend hält Köppl- Turyna fest, dass laut SP-Modell die neue Steuer die Dienstgeberbeiträge an den Familienlastenausgleichsfonds ersetzen soll, die derzeit die Arbeitgeber auf den Bruttolohn des Arbeitnehmers abführen müssen. Bemessungsgrundlage der Wertschöpfungsabgabe soll die Nettowertschöpfung sein; die Abgabe soll davon drei Prozent betragen. Wobei unter die Wertschöpfungsabgabe – eine Einheitssteuer, die auf Kosten der Produktionsfaktoren aufgeschlagen wird – laut Köppl-Turyna „typischerweise sowohl die Lohnsumme als auch Kapitalerträge beziehungsweise Zins- und Mieteinkünfte“ fallen würden. Soll heißen: Nicht nur Maschinen beziehungsweise Kapital würden besteuert, sondern eben auch Arbeit, „beide im gleichen Ausmaß“. Laut Studie „besteht die Bemessungsgrundlage aus der Lohnsumme und dem operativen Gewinn“.

Die Agenda-Austria-Mitarbeiterin hat nun auf Basis dieses Modells errechnet, welche Branchen in den Sektoren Dienstleistung und Industrie wie viel zahlen würden. Wobei die in dieser Hinsicht entscheidende Frage lautet: Zahlt ein Unternehmen nach Einführung der Wertschöpfungsabgabe nun mehr oder weniger, als es bislang für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) zu zahlen hat? Ergebnis laut Köppl-Turyna: „Klare Verlierer wären die Freiberufler (Anwälte etwa oder Unternehmensberater), die Immobilienbranche sowie Banken und Versicherungen.“ Schon daran zeige sich, dass die Auswirkungen der Wertschöpfungsabgabe nichts mit dem Ausmaß an Automatisierung beziehungsweise nichts mit Maschinen zu tun haben: „Führung von Unternehmen – vor allem Unternehmensberatung –, Tierärzte, Dolmetscher, Anwälte müssten ein Vielfaches der jetzigen Belastung tragen.“ Am stärksten betroffen wären laut Köppl-Turyna „Kleinunternehmen mit maximal neun Beschäftigten. Kleine Immobilienfirmen oder kleine Versicherungsunternehmen würden mehr als doppelt so viel bezahlen müssen, als jetzt ihr FLAF-Beitrag ausmacht.“ Und in der Industrie? Würden laut Agenda Austria etwa Energieversorger deutlich mehr als bisher zahlen müssen, während Hersteller von Waren sowie der Bausektor wiederum entlastet würden. „Produktionsfirmen, an die im Zusammenhang mit der Maschinensteuer am meisten gedacht wird, würden also sogar entlastet.“ Für die Autorin ist klar, dass die „Wertschöpfungsabgabe in dieser Form Investitionen zusätzlich belasten und dadurch längerfristig zu negativen Effekten für den Arbeitsmarkt führen“ würde, denn „die neue Steuer ist in Wirklichkeit eine Erhöhung der Gewinnsteuer mit zusätzlicher Einbeziehung der Fremdfinanzierung“. Es darf diskutiert werden.

Die Studie ist unter www.agenda-austria.at/publikationen erhältlich.

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