Sabine Barbisch

Martina Merlin hat ihr Herz an Kataloniens quirlige Hauptstadt verloren

Mai 2017

Den Katalanen wird nachgesagt, sehr fleißig und wohlhabend zu sein und eine Sprache zu sprechen, die man in der Hauptstadt nicht versteht. Unter anderem aufgrund dieser Parallelen zu Vorarlberg hat sich die Lauteracherin Martina Merlin in Barcelona verliebt.

Schon als sich Martina Merlin nach ihrem Intermedia-Studium an der FH Vorarlberg 2001 eine kurze Auszeit in Barcelona gönnte, spielte das Glück eine entscheidende Rolle für den Verlauf ihres weiteren Lebenswegs. Sie hatte ein Jobangebot in Wien in der Tasche und der Termin für den Rückflug nach Österreich rückte näher, als sie mit ihren Mitbewohnerinnen um die Häuser Barcelonas zog und durch Zufall in einem Pub landete. Aus einer Laune heraus fragte sie nach einem Job als Kellnerin und hinterließ ihre Telefonnummer. „Als ich am nächsten Tag tatsächlich einen Anruf erhielt, habe ich absolut nichts verstanden, bis meine Mitbewohnerin als Vermittlerin einsprang. Jedenfalls sollte ich zum Probearbeiten kommen“, schmunzelt Merlin heute über ihre damaligen Spanischkenntnisse. Der Probetag war erfolgreich, sie nahm das Jobangebot an und erlebte ihre Sponsion eine Woche später in einem Internetcafé an der Rambla über einen Livestream. „So fing es an mit meiner großen Liebe für Barcelona“, erinnert sich die Lauteracherin zurück. Wie „auf Wolke sieben“ habe sie die ersten zwei Jahre in Spanien erlebt: „Ich wachte trotz Arbeit jeden Morgen mit dem Gefühl auf, im Urlaub zu sein.“ Selbst ihre prekäre Wohnsituation fand sie romantisch: „Mein Zimmer in einer Wohngemeinschaft in einem uralten Haus in einer etwas suspekten Straße war nur sechs Quadratmeter klein, aber mir fehlte es an nichts und ich war absolut glücklich.“ Als sie sich 2003 in einen Koch verliebte, der ein Restaurant in einem Luxusresort in der Dominikanischen Republik leiten sollte, war trotzdem schnell klar, dass sie ihn begleiten würde: „Ich übernahm im 5-Sterne-Resort Aufgaben in den Bereichen PR und Kundenservice. Es war ein hartes, aber interessantes und sehr lehrreiches Jahr, in dem es mich vor Heimweh nach Barcelona fast zerfressen hat.“ Nach der Rückkehr in die katalanische Hauptstadt zerbrach die Beziehung, nicht aber die Liebe zu Barcelona: „Mein Herz war schon hier daheim – in dieser lauten, bunten und quirligen Stadt.“

Große Liebe und berufliche Abenteuer

Martina Merlin spürte aber auch viel Vertrautes: „Die Katalanen sind die Vorarlberger Spaniens. Sie gelten als wohlhabend und sehr fleißig und sie sprechen eine Sprache, die man in der Hauptstadt nicht versteht“, erklärt die heute 39-Jährige lachend. Nach einem kurzen beruflichen Gastspiel in einer Kommunikationsagentur kam wieder das Glück ins Spiel: „Für ein Hafenterminal in der Nähe von Valencia wurde eine Verkaufsassistentin mit Fremdsprachenkenntnissen gesucht. Ich bekam den Job und begann ohne die geringsten Vorkenntnisse potenzielle Kunden über unsere Angebote zu informieren.“ Durch Zufall kam sie mit einem Unternehmer ins Gespräch, der sie sofort für die Kontrolle von Ladungen und Entladungen seiner Windkraftwerke engagierte. „Die Schiffe wurden in Bilbao im Baskenland und Ferrol in Galizien geladen und ich habe die Schiffe in den Häfen von Sizilien, China, Japan, Irland, Polen, Dänemark oder Ägypten in meinem Hafenoutfit samt Werkzeuggürtel, Sicherheitsboots und Helm in Empfang genommen. Ich erklärte den Arbeitern an Land und auf den Frachtern, wie sie unsere Windmühlen sicher transportieren können.“ Trotz des aufregenden Jobs und der Möglichkeit, viel zu reisen, wünschte sich Merlin nach zwei Jahren, irgendwo „anzukommen“. Seit 2007 regelt sie nun als Export-Managerin in Barcelona die Angelegenheiten für eine deutsche Spedition: „Ich bin viel am Telefon, beantworte hunderte von Mails, löse Probleme, verhandle die aktuellen Raten mit den Reedereien und habe viele Meetings.“ Die große Dynamik und Abwechslung begeistern sie bis heute: „Ich spreche mit dem CEO einer Riesenreederei übers Golfen und seinen Urlaub auf den Malediven und habe fünf Minuten später einen Lkw-Fahrer am Telefon, der mich über die neuesten Hafenarbeiterwitze auf dem Laufenden hält.“

Daneben hat Martina Merlin im Herbst 2016 mit ihrem Partner Alberto ein neues Projekt gestartet: „,Photinus’ bot uns die Vertretung ihrer autarken Solarlampen in Spanien und Andorra an, und weil wir begeistert vom Produkt sind, das Design und Nachhaltigkeit vereint, haben wir angenommen.“ Seit Anfang April ist sie auch Teilzeitstudentin, weil sie sich im Zuge des Projekts in einem Universitätskurs mit dem Thema „Social Smart Cities“ beschäftigt. Es ist die große Begeisterung für Menschen und fremde Kulturen und das Glück, das Martina Merlin seit ihrer Auswanderung nach Spanien begleitet, aber auch ihr Mut und Fleiß, diese Chancen zu nutzen, die ihr Leben in Barcelona so reich machen: „Ich wohne in einer Traumstadt, meine Verbindungen in meine alte Heimat zu Familie und Freunden sind trotzdem sehr stark. Ich habe einen tollen Job, konnte mich schnell hier integrieren und ein aufregendes Projekt ist im Gang.“

 

Lebenslauf
Martina Merlin wurde am 22. März 1978 geboren und wuchs in Lauterach auf. Nach dem Abschluss der HLW Riedenburg studierte sie Intermedia an der FH Vorarlberg. Aus einem Kurztrip nach Barcelona im Jahr 2001 wurde ein längerer Aufenthalt und 2003 folgte ein Abstecher in die Dominikanische Republik. Zurück in Barcelona leitete Merlin ab 2005 die Ladungen und Entladungen von Windkraftwerken in internationalen Häfen. 2007 wurde sie Sachbearbeiterin bei „Fr. Meyer’s Sohn“ und ein Jahr später zur Export-Managerin befördert. Seit vergangenem Jahr vertritt sie außerdem die Vorarlberger Lichtmarke „Photinus“ in Spanien und Andorra (www.lijt-luzsolar.com).

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