Hans-Peter Metzler

Alt-Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Markus Gmeiner)

Tradition und Zukunft

Februar 2017

Die Wirtschaft ist die Basis für ein gutes Leben, und wer das bezweifelt, der muss sich zumindest den Vorwurf einer äußerst eindimensionalen Sichtweise gefallen lassen. Denn Wirtschaft und Gesellschaft lassen sich nicht teilen, vielmehr sind die gesellschaftliche und die wirtschaftliche Entwicklung untrennbar miteinander verbunden, der starke Wirtschaftsstandort Vorarlberg nutzt und dient der Allgemeinheit. Ergo sollte jedes Unternehmen, das in diesem Land Arbeitsplätze schaffen will und sich zum Standort bekennt, größtmögliche Unterstützung und Wertschätzung erhalten. Und wenn nach sorgfältiger Prüfung aller Alternativen eine Umwidmung notwendig ist, wie im Fall Ölz, dann muss das möglich sein.

Denn die Wettbewerbsfähigkeit eines jeden einzelnen Unternehmens trägt zur Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Wirtschaftsstandortes bei; die Summe der einzelnen guten Teile ergibt das gute Ganze, auch wenn das banal klingen mag. Also seien wir doch froh, dass es Unternehmer in unserem Land gibt, die sich zum Wirtschaftsstandort Vorarlberg bekennen, die sich weiterentwickeln und neue Arbeitsplätze schaffen wollen!

Nun wurde im Zuge der Ölz-Debatte auch unterstellt, Vorarlbergs Wirtschaft nähme keine Rücksicht auf Mensch und Natur. Das Gegenteil ist wahr! Wer offenen Auges durch unser Land fährt, sieht den guten Ausgleich zwischen Mensch, Natur und Wirtschaft. Vorarlbergs Unternehmen sind Vorreiter in Sachen Ökologie, durchaus auch aus Eigennutz, weil Energieeffizienz und Ressourcenschonung längst schon strategische Wettbewerbsfaktoren geworden sind. Auch an der Entwicklung der Landesgrünzone ist deutlich zu sehen, wie im Land Vorarlberg Maß gehalten wird: In den 40 Jahren ihres Bestehens hat die Landesgrünzone, ungeachtet der Debatten über die Qualität von Ausgleichsböden, von ihrer Gesamtfläche in Summe nur 0,4 Prozent verloren. 0,4 Prozent! Bei diesem Wachstum, bei dieser Dynamik der vergangenen vier Jahrzehnte!

Da aber schließt sich der Kreis: Denn die Landesgrünzone war von ihren visionären Gründern nicht als Tabuzone konzipiert worden; sie war von Anfang an auch dafür gedacht, expansionswilligen Unternehmern entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten bieten zu können. Ölz ist ein Beispiel. Weitere werden folgen. Die Zukunft wird verstärkt Debatten um Raumplanung, Urbanisierung, Architektur und Naturschutz bringen. Neue Gedankenmodelle sind zu entwickeln – unter der Anteilnahme aller. Und dabei muss das Gemeinsame in den Vordergrund gestellt werden – nicht das Trennende –, um eine Mitte finden zu können, welche die Interessen der Wirtschaft und damit der Gesellschaft entsprechend berücksichtigt.

„Meor ehrod das Ault, und grüssed das Nü“, heißt es in einem Gedicht von Gebhard Wölfle; „Wir ehren das Alte und begrüßen das Neue“. Was Wölfle vor über einem Jahrhundert geschrieben hat, anlässlich der Eröffnung der Wälderbahn 1902, das sollte auch heute in unserem Land selbstverständlich sein: Sich der Tradition bewusst zu sein, aber gleichzeitig auch den Willen haben, die Zukunft zu gestalten. Das wäre Nachhaltigkeit auf Vorarlberger Art.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.

mehr von Hans-Peter Metzler