Hans-Peter Metzler

Alt-Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Markus Gmeiner)

Von Gegenwart und Zukunft

März 2018

Ein Wiener Meinungsforschungsinstitut hatte erst vor Kurzem erhoben, dass die Vorarlberger die glücklichsten Österreicher seien, wieder einmal, und dabei folgende Erklärung angeboten: Vorarlberg sei ein reiches und sicheres Land, mit vielen Eigenheimen, schöner Landschaft, einem hohen kulturellen Angebot. All das mache die Menschen glücklich, sagten die Forscher. Die Sache klingt recht pathetisch, oder?

Machen wir an dieser Stelle doch einen kleinen Exkurs. Der US-amerikanische Ökonom Joseph E. Stiglitz war Vorsitzender einer Kommission, die im Auftrag der französischen Regierung einst der Frage nachgegangen war, mit welchen Mitteln sich Wohlstand und sozialer Fortschritt messen ließen – ohne sich einseitig auf Einkommensgrößen wie das Bruttosozialprodukt zu stützen. Ein Ergebnis? War die Feststellung, dass das Wohlbefinden der Menschen nur mehrdimensional zu bestimmen sei – beispielsweise durch den materiellen Lebensstandard, aber auch durch Gesundheit, Bildung, Arbeit, Umwelt, Sicherheit und soziale Verbindungen. Ergo machen Menschen ihr Wohlbefinden offenbar nicht nur von einem Umstand alleine, sondern gleich von mehreren Faktoren abhängig.

Immaterielle Wertschöpfung wird bisweilen genannt, was über die klassische Wertschöpfung hinausgeht, und all das Soziale und Kulturelle und Bewusstseinsbildende berücksichtigt, das befruchtend wirkt und damit auch von gesamtgesellschaftlichem Nutzen ist. Allerdings darf die Debatte nicht einseitig geführt werden: Denn das Materielle ist und bleibt die Basis, auf der aufzubauen ist – bleibt die Basis unseres Wohlstandes und damit auch die Basis eines guten Lebens. Christoph Leitl hatte da schon recht mit seiner Feststellung, er habe noch kein Land gesehen, in der es der Wirtschaft schlecht, den Menschen dagegen gut gehe. Das aber heißt in unserem Fall: Es bringt nichts, das eine gegen das andere auszuspielen. Die Mitte ist zu suchen und eine Balance zu finden und das ist nichts Schlechtes, ganz im Gegenteil.

Denn ein Standortvorteil der Zukunft wird sein, Materielles und Immaterielles zu vereinen – in einer Gesellschaft, die eine gewisse Zufriedenheit spürt und trotzdem noch Hunger hat. In einer Gesellschaft, die entwickelt ist und sich trotzdem weiterentwickeln will, in einer Gesellschaft, die die Gegenwart für gut befindet, trotzdem aber den Blick in die Zukunft richtet. Der eingangs erwähnten Umfrage ist zu entnehmen, dass das in Vorarlberg bislang recht gut gelungen ist. Führen wir diese Stärken in die Zukunft – auf Vorarlberger Art.

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