Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Ein Land der Tüftler und Erfinder“

Juli 2023

Magdalena Meusburger (40), Unternehmerin und Dozentin für Entrepreneurship an der Fachhochschule Vorarlberg hat „auf allen Kontinenten gelebt, gearbeitet und geforscht“. Die Leiterin der startupstube hat also den Vergleich, sie sagt im Interview: „Wir haben diese pragmatische Art, Problemen zu begegnen und Lösungen und Verbesserungen zu finden. Diese besondere unternehmerische Denkweise ist eine Stärke Vorarlbergs.“

Frau Meusburger, wie wichtig ist Innovation am – und für den – Wirtschaftsstandort Vorarlberg? 
Kontinuierliche Innovation ist essenziell, um für den Standort einen Fortschritt und nachhaltigen Impact zu kreieren – und sie ist für Unternehmen essenziell, um nicht disruptiert zu werden.

Ein Indikator für Innovation sind die Patentzahlen. Seitens des österreichischen Patent-amts heißt es, die Chance, einem Erfinder zu begegnen, sei in Vorarlberg am höchsten. 
Wir sind ein Land der Tüftler und der Erfinder. Auch wenn das ein bisschen plakativ klingen mag: Wir haben diese pragmatische Art, Problemen zu begegnen und Lösungen und Verbesserungen zu finden. Diese besondere unternehmerische Denkweise ist eine Stärke Vorarlbergs, die wir, historisch gesehen, sogar ein bisschen im Blut haben. Das Entrepreneurship und dieses Mindset, von dem wir in unserem Forschungsgebiet sprechen, lässt sich beispielsweise bis zu Franz Michael Felder zurückverfolgen, der im 19. Jahrhundert Genossenschaften gegründet hatte. Ich war …

Ja, bitte?
Ich war sehr viel in der Welt unterwegs, habe auf allen Kontinenten gelebt, gearbeitet und geforscht. Ich habe also die notwendige Reflexion, um sagen zu können: Diese unternehmerische Denkweise zeichnet Vorarlberg im Vergleich mit anderen Ländern aus. Die Patentzahlen sind natürlich ein Beleg. Aber wenn wir über Innovation sprechen, ist es wichtig, zu verstehen, dass es eben nicht nur um Patente geht: Es geht um das Neue. Es geht um neue Produkte, neue Prozesse, neue Geschäftsmodelle, die auf den Markt gebracht werden. Und dafür ist nicht immer ein Patent notwendig. Innovation geschieht auch über andere Wege. Speziell der Bereich der sozialen Innovationen, ein hochaktuelles und sehr wichtiges Thema, hat mit Patenten beispielsweise nicht viel zu tun.

Gibt es andere Parameter, die Ihre Aussage belegen, Vorarlberg sei ein Land der Tüftler und Erfinder?
Ja. Da wäre zum einen die große Zahl unserer Hidden Champions, unserer Weltmarktführer, die immer wieder mit neuen, innovativen Produkten, Prozessen und Dienstleistungen global erfolgreich sind. Und zum anderen wären Start-ups und andere unternehmerische Initiativen zu nennen. Da innovationsorientierte Gründungen selbst relevante Neuerungen einbringen, erhöhen sie auch den Anreiz, in bestehenden Unternehmen kontinuierlich Innovationen voranzutreiben. So entsteht eine wichtige Dynamik am Standort.

Wie wichtig ist in Ihren Augen der Innovationspreis?
Ganz wichtig! Ich habe 2019 an der University of California in Berkeley, nahe des Silicon Valley, geforscht und dabei festgestellt, dass Vorarlberg in einem Bereich nicht so gut, sprich zu bescheiden ist: Im Impression-Management. Den US-Amerikanern fällt es äußerst leicht, Neues als das Nonplusultra zu präsentieren. Dieses Selbstvertrauen wäre auch bei uns gut. Und deswegen ist der Innovationspreis so bedeutend, speziell auch der New-comer-Award. Man macht Innovationen und Innovateure öffentlich und zeichnet sie aus und macht damit auch der Öffentlichkeit die Bedeutung von Innovation bewusst. Für die junge Generation, speziell auch für unsere Studierenden, ist das sogar besonders wichtig: Da werden Menschen und Ideen präsentiert, mit denen man sich identifizieren kann. Das sind Vorbilder, an denen man sich unternehmerisch orientieren kann.

Man macht damit auch Mut für Unternehmertum.
Absolut, ja. Wobei ich da ein anderes Wort verwenden würde: Unerschrockenheit. Das Wort beschreibt Unternehmertum auf ideale Weise. Keine Angst haben, sich trauen, auch Fehler machen, und daraus lernen.

Innovation entsteht in den Unternehmen …
Ja, wobei die Größe eines Unternehmens da keine Rolle spielt. Es gibt neben den großen, etablierten ja auch kleine, agile Unternehmen, sie sehr innovativ sind.

Sind die Förderungen der öffentlichen Hand ausreichend oder könnte die Politik da mehr tun, einen stärkeren Fokus setzen?
Die Politik tut einiges, kann aber natürlich immer mehr tun. Wenn man eine Start-up-Kultur etablieren möchte, wäre es wichtig, Räume zu schaffen, in denen die richtigen Leute zusammenfinden können, um an Ideen zu tüfteln. Innovation ist immer Teamarbeit.

Welche Innovation aus Vorarlberg hat Sie in jüngerer Zeit besonders fasziniert? 
Besonders fasziniert? Das ist dann vermutlich „Tree.ly“ von Jodok Batlogg. Das ist ein Geschäftsmodell, das innovativ und zugleich nachhaltig ist, weil es eine Ressource nützt, die uns im Land zur Verfügung steht und sowohl wertgeschätzt als auch erhalten werden sollte: Unsere Wälder. 

Und welches Fazit würden Sie ziehen?
Innovation braucht Furchtlosigkeit, Innovation braucht aber auch eine Fehlerkultur. Und mir wäre noch eines wichtig: Dass sowohl in der Gesellschaft als auch in Unternehmen rigide Strukturen aufbrechen würden, und kreatives Arbeiten einen höheren Stellenwert eingeräumt bekommt. Innovation braucht Raum und Zeit und ein bisschen Geld. Gerade in Zeiten, in denen alles so strukturiert und auf Effizienz getrimmt ist, wäre es sehr wichtig, sich mehr Zeit für Kreativität nehmen zu können. Eric Ries, der Gründer von „The Lean Startup“, hat einmal gemeint: „Respect the past, invent the Future.“ Gebhard Wölfle hat schon Ewigkeiten zuvor das Gleiche gesagt: „Meor ehrod das Ault, und grüssod das Nü.“ An das muss ich oft denken …

Lustig. Das Silicon Valley und der Bregenzerwald haben also dieselbe Mentalität.
(lacht) Genau so ist es! 

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Magdalena Meusburger, *1983, in Bizau aufgewachsen, verheiratet und Mutter einer dreijährigen Tochter. Ihr Doktorat in Entrepreneurship hat sie an der Universität von Pretoria, Südafrika gemacht und zuvor an der WU Wien Internationale Betriebswirtschaftslehre studiert. Meusburger lebte, arbeitete und forschte auf allen Kontinenten, sie war beispielsweise über sechs Jahre in Johannesburg, gründete dort ein eigenes Unternehmen. Seit 2017 leitet Meusburger die von ihr zusammen mit Professor Thomas Metzler gegründete startupstube, das Startup-Center an der FHV.

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