Manfred Brandl

Liebherr, Geschäftsführer Produktion

Der Traum vom Land der Akademiker

Februar 2016

In der OECD-Studie „Education at a Glance 2015“ überrascht Österreich mit einer von 20 auf 30 Prozent sprunghaft angestiegenen Akademikerquote. Nicht dass viele heimlich ein Universitätsstudium absolviert hätten. Nein, der Anstieg kam durch eine Änderung der Einstufung von Ausbildungen zustande. Auch die vierten und fünften BHS-Jahrgänge sowie Aufbaulehrgänge wurden als „kurze tertiäre Bildungsprogramme“ anerkannt. Bemerkenswert ist ein Vergleich: Diejenigen mit einer „tertiären Kurzausbildung“ haben bessere berufliche Chancen als Menschen mit Bachelor-Abschluss.

Ich persönlich bin sehr froh darüber. Das stete Beklagen der zu niedrigen Akademikerquote führte zum Trend der schulischen Ausbildung und zum Rückgang des Interesses an einer dualen Ausbildung. Aber: Wollen wir, dass die Wirtschaft prosperiert und wir unseren hohen Lebensstandard bei niedriger Arbeitslosigkeit und sozialem Frieden erhalten können? Oder wollen wir nur in der internationalen Statistik besser dastehen? Auch wenn diese Fragen provozieren – der Traum von einem Land der Akademiker darf nicht am Fundament unserer erfolgreichen Wirtschaft rütteln!

Dieses Fundament ist unser ausgeglichenes Verhältnis von Akademikern zu Facharbeitern. Das macht unser Land so erfolgreich. Der Wohlstand unserer Gesellschaft und die Zukunftsperspektiven unserer Jugend hängen im hohen Maße davon ab, ob und wie es uns gelingt, dieses Verhältnis aufrechtzuerhalten. Nur so kann Österreich im Wettbewerb erfolgreich positioniert werden. Ich will keinesfalls unsere wertvollen Hochschulabsolventen geringschätzen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass es keinen Grund gibt, etwas an den Verhältnissen zu ändern. Wir dürfen die Ausbildungssysteme nicht gegeneinander ausspielen! Wir brauchen sie alle, aber im richtigen Verhältnis.