Claudio Tedeschi

Leiter Kommunikation Caritas Vorarlberg

Vom Sport lernen

Mai 2015

Stellt man die Zahl der Auswanderer, meist gut ausgebildete Menschen mit österreichischem Pass, den Rückkehrern im letzten Jahr gegenüber, so schreibt Österreich rote Zahlen. Laut ORF gibt es jährlich um 5000 Personen mehr, die auswandern – in der Mehrheit Fachkräfte, die unsere Wirtschaft gut gebrauchen könnte. Wir verzichten darauf ebenso wie auf die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Zahl an ausländischen Studenten, die nach dem Studium in Österreich wieder in ihre Heimat zurückkehren, anstatt sich bei uns an Innovation und der Weiterentwicklung des Landes zu beteiligen. Vorarlberg beherbergt derzeit 1400 Asylwerber, ein beachtlicher Teil bringt wertvolle Qualifikationen aus ihrem Beruf und Kulturtechniken mit, die nach dem Beseitigen von sprachlichen Barrieren nicht nur in der Wirtschaft genutzt werden könnten. Eine Arbeitserlaubnis bekommen sie dennoch nicht. Seit Jahren liegen diese fachlichen und sozialen Kompetenzen in unserem Land brach, dem Aderlass an Fachwissen wird achselzuckend zugeschaut.

Ganz anders im Sport: Hier wird fleißig eingebürgert, und jede Olympiade bewirkt im Vorfeld einen Aufnahme-Hype durch die Bundesregierung. Wenn die Sportfunktionäre die Talente aus dem Ausland erkennen, weshalb können es dann andere bei uns im Land ihnen nicht gleichtun und mehr auf die Talente der Menschen schauen, die bei uns eine neue Heimat finden müssen oder wollen? Für die Defizite der Sportler werden Lösungen gefunden, für die Potenziale von Menschen auf der Flucht Hürden aufgebaut. Keine Diskussion ist zu hören, dass heimische Sportler durch diese Form der Einwanderung benachteiligt seien – im Gegenteil: Man spricht von Bereicherung! Wir können vom Sport wirklich etwas lernen: Leistungsorientierung und Mannschaftsgeist!