Peter Freiberger

Talenteschmiede für große Aufgaben

Februar 2016

Die Fußballakademie Vorarlberg-Mehrerau formt seit Herbst 2003 erfolgreich Fußballtalente, von denen viele schon Chancen in Profivereinen bekamen und diese nutzten. Bestes Beispiel dafür: Georg Margreitter, der derzeit als Leistungsträger mit dem 1. FC Nürnberg um den Aufstieg in die erste deutsche Bundesliga kämpft.

Freilich – der 27-jährige Verteidiger aus Tschagguns ist nicht das einzige Aushängeschild der Akademie (AKA). Der Feldkircher Benedikt Zech (25) zählt zu den Stützen in der Hintermannschaft des SCR Altach in der heimischen Bundesliga, Marco Stark (23) aus Bludenz rittert gerade um einen Stammplatz in der Abwehr der berühmten Wiener Austria. 

Die Basis zu den Erfolgen der Ländle-Kicker wurde bereits im Jahr 2002 gelegt. „Wir haben damals eine Schule als Partner und Ort für die Einrichtung eines Bundesnachwuchszentrums gesucht“, erinnert sich Sportdirektor Andreas Kopf vom Vorarlberger Fußballverband (VFV). Beim Collegium Bernardi in der Mehrerau fand man offene Ohren. Es folgte der Schulterschluss zwischen VFV, Collegium Bernardi, Stadt Bregenz und Land Vorarlberg. Das Ergebnis: Im Bereich der Schule mit dem angeschlossenen Internat wurde die für das Nachwuchszentrum erforderliche Infrastruktur geschaffen, das Bundesnachwuchszentrum nahm im Herbst 2003 seinen Betrieb auf. Es dauerte dann nicht lange bis zur Erfüllung der für eine Akademie erforderlichen höheren Auflagen.

Tagesbetreuung überwiegt

Fußball ist Teil des Sportzweigs des Gymnasiums in der Mehrerau. In den ersten Jahren des Bestands der Akademie wohnten viele der angehenden Kicker im Internat, heute stellt die Tagesbetreuung die häufigste Unterbringungsform dar. Die Burschen, die der Fußballverband im Rahmen von Sichtungen als geeignet bewertet, haben in der Unterstufe zweimal pro Woche Fußball als Unterrichtsfach und trainieren überdies noch abends in den diversen Landesausbildungszentren (LAZ). Die LAZ bilden das Fundament für die eigentlichen Akademiemannschaften U-15, U-16 und U-18 mit Spielern aus der Oberstufe. 

Ab der Oberstufe steht sechs Mal wöchentlich Training auf dem Programm, nur jeweils am Mittwoch ist fußballfreier Tag. Dazu kommen außerdem an den Wochenenden Meisterschaftsspiele gegen die Teams der Akademien der anderen Bundesländer mit Reisen in sämtliche Regionen Österreichs. Rund 20.000 Reisekilometer erfordern zusätzlich zur körperlichen Anstrengung auf dem Platz einige Ausdauer. Die Handelsakademie und Handelsschule sowie die Polytechnische Schule Bregenz sind Partnerschulen der Mehrerau. Das bedeutet, dass die Schüler von dort dank abgestimmter Stundenpläne an Trainingseinheiten im Collegium Bernardi teilnehmen können.

Perfekte Infrastruktur

„Wir verfügen in der Mehrerau über drei Trainerteams, bestehend aus je einem Cheftrainer plus Assistent, einem Tormann- und Konditionstrainer, einem Mentalcoach, zwei Physiotherapeuten und einem Individualtrainer“, informiert Andreas Kopf, der die sportliche Leitung der AKA innehat. Unter anderem zwei Rasenplätze, ein Kunstrasenplatz sowie eine Halle stehen den Jugendlichen für ihre fußballerische Ausbildung zur Verfügung. Etwa 650.000 Euro beträgt aktuell das Jahresbudget für alle drei Mannschaften der AKA. Das Geld kommt von VFV, ÖFB und Land Vorarlberg.

Rund 130 Jugendliche haben den Sportzweig in der Mehrerau seit 2003 durchlaufen bzw. befinden sich gerade in Ausbildung. Neben den erfolgreichen Absolventen, die bereits im Profifußball Fuß gefasst haben, stehen einige Jüngere möglicherweise ebenfalls vor spannenden Karrieren in europäischen Topligen. Die Basis dazu wurde in der AKA gelegt. Beispielsweise hat der englische Premier-League-Club Aston Villa U-18-Nationalspieler Anes Omerovic (Jahrgang 1998) mehrfach – auch zusammen mit dessen Eltern – nach Birmingham eingeladen. Der hat sich dann nach der sechsten Klasse für den Wechsel Richtung englische Premier League entschieden. Seifedin Chabbi, Sohn des aktuellen Trainers der Lustenauer Austria, ging nach der siebten Klasse zum deutschen Erstligisten TSG Hoffenheim, wo er einen Profivertrag bis zur U 23 erhielt. Inzwischen ist er retour bei der Austria.

Drei Rohdiamanten

Ganz besondere Freude bereiten Sportdirektor Kopf aber Valentino Müller (Ludesch), Leonardo Zottele (Klostertal) und Maurice Mathis (Hohenems), die alle drei eine tragende Rolle in der österreichischen U-17-Nationalmannschaft einnehmen. Zottele wechselte im Sommer 2015 wegen eines Angebots zum 1. FC Nürnberg, Mathis – ebenfalls im Sommer 2015 – zu 1860 München. Müller wiederum versucht, Schritt für Schritt in Altach Fuß zu fassen. Kopf: „Wir werden interessiert weiterverfolgen, ob die drei irgendwann den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Wenn wir jedes zweite Jahr einen AKA-Absolventen nachhaltig als Profi in einer Bundesliga unterbringen, haben wir unser Ziel erreicht.“ In diese Gruppe fällt der heute 27-jährige Georg Margreitter aus Tschagguns. Über den LASK, Wiener Neustadt, die Wiener Austria, die Wolverhampton Wanderers, den FC Kopenhagen und Chesterfield landete der Verteidiger mit Champions-League-Erfahrung schließlich im Sommer 2015 beim 1. FC Nürnberg in der zweiten deutschen Bundesliga. Dort ist der Vorarlberger aus der Innenverteidigung inzwischen nicht mehr wegzudenken. 

Ab dem Schuljahr 2016/2017 tut sich in der Mehrerau bzw. Fußballakademie übrigens Bahnbrechendes: Erstmals finden dann auch die talentiertesten Mädchen dort Aufnahme.

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