Peter Freiberger

Flugrettung – das Vorarlberger Vorzeigemodell

April 2015

Mehr als 20 Mal sind die Vorarlberger Notarzthubschrauber an Spitzentagen unterwegs. Insgesamt 1083 Einsätze gab es im Jahr 2014, die Gesamtkosten für die Flugrettung im Land liegen im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Das Vorarlberger Modell kommt aber ohne öffentliche Subventionen aus.

An schönen Winterwochenenden herrscht Hochbetrieb am Ländle-(Rettungs-)Himmel: Verunglückte Wintersportler harren auf den Pisten, an den Rodelbahnen oder im freien Gelände auf Rettung. Die kommt dann meist aus der Luft in Form eines Notarzthubschraubers. Hinter dem Betrieb und der Organisation der Flugrettung in Vorarlberg steht die heimische Bergrettung.

Dass die Rettung per Hubschrauber ein Geschäft sein kann, zeigt der Blick über den Arlberg nach Tirol. Dort herrscht nämlich beinahe ein Überangebot an Notarzt- bzw. Rettungs­helikoptern: Sechs Unternehmen rittern um Stützpunkte und um – offensichtlich finanziell lukrative – Einsätze. Acht Hubschrauber stehen ganzjährig, sieben saisonal von November bis April abflugbereit. Immer wieder werden Ansuchen für die Bewilligung neuer Landeplätze eingereicht. Die Medien sprechen gar von einem Luftkrieg im Land.

Land Tirol muss subventionieren

Dieses enorme Angebot gibt es jedenfalls nicht umsonst. Das Land Tirol muss jährlich rund 1,6 Millionen Euro zuschießen. Die Neuausschreibung der Flugrettung in Tirol soll nun den Luftraum ordnen – und wohl auch helfen, Geld zu sparen.

Von Graben- und Luftkämpfen um lukrative Rettungseinsätze aus der Luft ist man in Vorarlberg weit entfernt. Anders als beispielsweise in Tirol hat das Land die Organisation und den Betrieb der Flugrettung der Vorarlberger Bergrettung übertragen. Damit wurde dem Hereindrängen von privaten Hubschrauberunternehmen, die gerne am finanziellen Kuchen mitnaschen würden, weitestgehend ein Riegel vorgeschoben. Wirtschaftliche Interessen spielen somit keine Rolle.

Die Bergrettung führt den Ganzjahresstützpunkt in Nenzing-Galina mit dem Notarzthubschrauber Christophorus 8. Der Notarzthubschrauber Gallus 1 startet bedarfsorientiert in der „Hochsaison“ im Winter von einem zweiten Stützpunkt in Zürs. Die Bergrettung hat den Stützpunkt Nenzing vom Land, Piloten und Maschine vom ÖAMTC angemietet. In Zürs ist die Firma Wucher Partner der Bergretter. Insgesamt 30 Notärzte und 12 Flugretter stehen für Einsätze parat.

60 Prozent Sport- und Freizeitunfälle

„Bei den rund 1100 Einsätzen jährlich handelt es sich zu etwa 60 Prozent um Sport- bzw. Freizeitunfälle“, sagt Artur Köb, Flugrettungsreferent der Bergrettung Vorarlberg. Mit den Einnahmen aus diesen Einsätzen – vorwiegend in der Wintersaison – finanziert sich das Flugrettungssystem im Land praktisch von selbst und ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand. Dies wäre nicht möglich, würden zusätzliche Helikopter von wirtschaftlich orientierten Privatunternehmen im Winter lukrative Einsätze fliegen, um für die übrige Zeit im Jahr wieder zu verschwinden. Für diese Erkenntnis reicht ein Blick ins benachbarte Tirol.

Mit nur zwei Notarzthubschraubern, eben Christophorus 8 und im Winter Gallus 1, lässt sich der Bedarf im Land jedenfalls grundsätzlich abdecken. „An Spitzentagen haben wir die Möglichkeit, zusätzlich auf den Notarzthubschrauber der SchenkAir zurückzugreifen“, sagt Artur Köb. „Der Polizeihubschrauber Libelle unterstützt uns bei Such- und Lawineneinsätzen sowie bei der Bergung von nicht verletzten Personen.“

2500 bis 4000 Euro pro Einsatz

„Zwischen 2500 und 4000 Euro kostet ein durchschnittlicher Einsatz“, rechnet Köb vor. Bei internen medizinischen Notfällen, bei Verkehrs- und Arbeitsunfällen erstattet die Sozialversicherung einen Pauschalbetrag. Allerdings passiert es immer wieder, dass die Kasse das Geld zurückhält, bis der Notarzt den Einsatz des Hubschraubers im Nachhinein mit einem Bericht schlüssig rechtfertigt. „Bei einem negativen Bescheid der Kasse müssen wir den Fehlbetrag aus unserem Budget decken.“ Sorge, dass jemand eine gesalzene Rechnung erhält, wenn er über die Notrufnummer 144 den Rettungshubschrauber alarmiert, braucht aber niemand zu haben.

Rechnungen schickt die Bergrettung allerdings jenen Patienten, die nach einem Sport- bzw. Freizeitunfall den Hubschrauber benötigen. Die Verunglückten haben die Möglichkeit, die Rechnung nach deren Bezahlung bei ihrer Kasse oder – falls vorhanden – der privaten Versicherung einzureichen. Köb: „In solchen Fällen leistet die Sozialversicherung aber nur ab einem gewissen Schweregrad der Verletzung einen Zuschuss.“ Die Bergretter beklagen in diesem Zusammenhang, dass diese Sätze seit rund 30 Jahren nicht angepasst wurden.

Schwarze Schafe unter Touristen

Die Zahlungsmoral derjenigen, denen eine Rechnung ins Haus geflattert ist, sei grundsätzlich gut, heißt es seitens der Bergrettung. Hin und wieder würden sich freilich unter geretteten Touristen schwarze Schafe befinden. Dann müsse der Rechtsweg beschritten werden. Wer sich selbst vor beträchtlichen Kosten schützen möchte und auf der sicheren Seite sein will, kann das Förderabzeichen der Bergrettung erwerben. „Mit einem Jahresbeitrag von 24 Euro genießt dann die ganze Familie samt der Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr die entsprechende Bergekostenvorsorge“, sagt Köb.

Die Bergretter hoffen, dass das Land weiterhin keine zusätzlichen Hubschrauberlandeplätze für private Anbieter zulässt, um Verhältnissen wie in Tirol einen Riegel vorzuschieben. Ganz sorgenfrei in dem Zusammenhang zeigen sie sich aber nicht.

Kommentare

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Selten so einen Schwachsinn gelesen.....