Herbert Motter

In alle Welt

Oktober 2023

Aspekte der  Vorarlberger Exportwirtschaft

 
Der neuerliche Rekordwert von 2022 – das Exportvolumen stieg auf 14 Milliarden Euro (plus 10 Prozent) – belegt, wie sehr Waren aus Vorarlberg international gefragt sind. Es ist die konsequente Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte, die auf die gesamte österreichische Exportwirtschaft zutrifft.
Produkte und Dienstleistungen „Made in Austria“ sind weltweit begehrt. Lagen die österreichischen Warenexporte vor über 20 Jahren zum Zeitpunkt des EU-Beitritts (1995) noch bei einem Volumen von vergleichsweise bescheidenen 37 Milliarden Euro, so konnte im Jahr 2022 ein neuer Exportrekord erzielt werden – mit 195 Milliarden Euro, einem All-time-high für die heimische Exportwirtschaft! In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl der österreichischen Exporteure von 12.000 auf über 63.000 Unternehmen gestiegen. In Vor­arlberg sind rund 5000 Unternehmen im Export tätig.
Bei den Pro-Kopf-Exporten der Waren liegt Österreich auf Platz acht in der Weltrangliste (Ranking innerhalb der Top-Export-Länder). Betrachtet man die Pro-Kopf-Exporte aller EU-Länder, so belegt Österreich Platz sechs. Exportierende Unternehmen sind Experten zufolge in wichtigen Aspekten den Unternehmen, die sich auf den österreichischen Markt beschränken, überlegen. Sie sind größer, zahlen höhere Löhne, investieren mehr und sind der Turbo für Innovation und Klimaschutz. Außerdem sind Exportunternehmen krisenfester und bleiben länger im Markt bestehen.
Generell ist Österreichs Exportwirtschaft „Europa-lastig“. 80 Prozent der heimischen Warenausfuhren gehen in diese Region. In Zukunft sollten Unternehmen verstärkt in Überseedestinationen gehen, denn in Amerika, Asien und auch in Afrika liegt laut Experten großes Potenzial für die Exportwirtschaft. 
Das kam aktuell auch einem der größten Exporteure Vorarlbergs zugute. Der Vorarlberger Seilbahnhersteller Doppelmayr hat soeben seine Jahresbilanz veröffentlicht; mit einer weiteren Steigerung des Umsatzes. Wie das Unternehmen mitteilte, überholte der nordamerikanische Markt erstmals in der Unternehmensgeschichte mit einem Umsatzanteil von 28 Prozent den bisherig stets größten Einzelmarkt Österreich, sprich den Heimmarkt Alpen, der im Berichtsjahr zwölf Prozent des Umsatzes ausmacht. Für die Wintersaison 2022/23 wurden 30 Doppelmayr-Seilbahnen in Nordamerika fertiggestellt. 
Österreichs Erfolgsmodell als Volkswirtschaft beruht auf einer starken Qualitätsorientierung und Exportvernetzung. Mehr als die Hälfte der Wertschöpfung wird im Export erwirtschaftet. Doch stimmt dieses Modell auch noch für die Zukunft? Michael Otter, Leiter der Außenwirtschaft Austria, bejaht dies: „Die hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen unserer Unternehmen ist und bleibt stärkster Trumpf im harten internationalen Wettbewerb. Allerdings sehen wir, wie sich eine neue multipolare Wirtschaftswelt herauskristallisiert. Wir erleben eine neue Dimension der Globalisierung, in der einzelne Wirtschaftsblöcke mit ihren regionalen Wertschöpfungsketten immer wichtiger werden.“ Bestes Beispiel sei Asien, wo kapitalstarke High-Tech-Länder, wie Japan oder Südkorea, mit Ländern in Südostasien mit Lohnvorteilen und großem Wachstumspotenzial, wie Malaysia oder Vietnam, durch intraregionalen Handel immer stärker verbunden sind – „und dieser Block auf Europa immer weniger angewiesen ist. Das ,Jahrhundert Asiens’ ist Realität geworden.“ Entlang dieser Wachstumszentren entstünden neue Wertschöpfungsketten. Mittelfristig gehe es auch darum, flexibler zu werden und globale Wachstumszentren direkt anzusteuern – zumal für Europa in den nächsten beiden Jahren geringes Wachstum prognostiziert werde. Otter: „Um hier profitierten zu können, müssen Unternehmen künftig noch stärker vor Ort vertreten sein. Etwa durch den Aufbau von Produktion, Vertriebsgesellschaften oder Beteiligungen im Zielmarkt.“
Als kleines Land mit knapp neun Millionen Einwohnern ist Österreich auf den Handel mit anderen Ländern angewiesen. Ein möglichst ungehinderter Zugang zu Auslandsmärkten ist vor allem für KMU entscheidend. Für sie ist es beson­ders herausfordernd, in neue Märkte vorzudringen, da damit häufig bürokrati­sche Hindernisse und nicht selten die Einhebung von Spitzenzöllen verbunden sind. Internationale Handelsabkommen schaffen Abhilfe. 
„Durch EU-Handelsabkommen werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Außenhandel von Unternehmen aus Österreich – in diesem Fall mit den Mercosur-Staaten – verbessert und weitere Rechts­sicherheiten geschaffen“, sagt WKV-Direktor Christoph Jenny. Das bedeutet unter anderem Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten, den Abbau hoher Zölle und Handelshemmnisse, es schafft verbesserten Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und bietet großes Potenzial für Exporte und Dienstleistungen. Ein Abbau von insbesondere nicht-tarifären Handelshemmnissen führt zu einer Senkung der Markteintrittsbarrieren und Produktionskosten und in weiterer Folge zu tendenziell sinkenden Preisen und einer höheren Produktvielfalt. 
Ein derzeit global insgesamt gedämpftes Wirtschaftswachstum verbunden mit einem BIP-Rückgang in Österreich; hohen Energiekosten, Inflation und Arbeitskräftemangel belasten die Exportfirmen. „Der enorme Kostenanstieg am Standort Österreich senkt unsere Konkurrenzfähigkeit im internationalen Umfeld und schwächt auch unseren Turbo in den Bereichen Innovation und Digitalisierung. Inflations- und Lohnentwicklung sind maßgebliche Parameter, wenn es um Aufträge auf den Weltmärkten geht. Auch weil Deutschland, unser größter Handelspartner, schwächelt, gilt es neue Herausforderungen zu suchen, die etwa in den Schwellenländern liegen“, erklärt Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich. Aus den Rückmeldungen der AußenwirtschaftsCenter der WKÖ in über 70 Ländern wird deutlich, dass es für Unternehmen immer wichtiger wird, sich auf den Märkten neu zu diversifizieren und gleichzeitig den technologischen Herausforderungen zu stellen. 
 

Vorarlberg: Ausfuhr nach bedeutenden Ländern im Jahr 2022 in Millionen Euro

Deutschland 3824 27 %
Schweiz 1612 12 %
Italien 824 6 %
Vereinigte Staaten 819 6 %
Frankreich 615 4 %
Polen 547 4 %
Tschechische Republik 400 3 %
China 374 3 %
Vereinigtes Königreich 354 3 %
Liechtenstein 180 1 %
Andere Staaten 4365 31 %

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