Herbert Motter

Diskussion um ein 100-Millionen-Euro-Projekt

August 2023

Der Handel ist ein Konkurrenzgeschäft. Das wird besonders wieder einmal in der aktuellen Diskussion um die Messepark-Erweiterung deutlich. Einen gemeinsamen Nenner in dieser Frage zu finden, scheint alles andere als leicht.

Am 18. Juli 2023 wurde das Auflage- und Anhörungsverfahren zum EKZ-Messepark kundgemacht. Beabsichtigt ist, den seit 1987 bestehenden Messepark zu modernisieren und zu erweitern, um sich am Standort auch in Zukunft mit einem wettbewerbsfähigen und attraktiven Einkaufsangebot für Kunden aus Vorarlberg, der Schweiz, Liechtenstein und Deutschland zu positionieren. 
Doch wie steht es um Kaufkraftsituation aktuell? Aus Vorarlberg fließen laut der Kaufkraftstudie 2022 insgesamt 406,7 Millionen Euro des Kaufkraftvolumens in stationäre und virtuelle Einkaufsdestinationen außerhalb des Bundeslandes ab; doppelt so viel wie 2015 und dreimal so viel wie 2009. Besonders Waren des mittel- und langfristigen Bedarfs werden verstärkt außerhalb der stationären Vorarlberger Handelszonen erworben. Rund 251 Millionen Euro entfallen dabei auf den Online-Handel; das sind 62 Prozent aller Abflüsse. Gleichzeitig zeigen sich zunehmende Abflüsse von Vorarlberg nach Deutschland (86,2 Millionen Euro beziehungsweise + 70 Prozent gegenüber 2015), hier schwerpunktmäßig im Bereich von Lebensmitteln, Möbeln und Baumarktartikeln sowie Elektrogeräten. Auch die Abflüsse in die Schweiz sind innerhalb der vergangenen Jahre um 73 Prozent von zwölf auf 20,8 Millionen Euro angestiegen.
An einer Modernisierung und – wie es auch genannt wird – baulichen Auffrischung des Messeparks, stößt sich niemand im Land. Einzig, ob und um wieviel Quadratmeter mit welchem Sortiment erweitert werden soll, wird heiß diskutiert.
Das Höchstausmaß der Verkaufsfläche soll 22.200 Quadratmeter, davon maximal 5000 Quadratmeter für Lebensmittel, betragen. Im Rahmen der jüngsten Änderung 2018 wurden 19.000 Quadratmeter, davon maximal 3000 Quadratmeter für Lebensmittel, als Sondergebiet Einkaufszentrum gewidmet. Davon als Verkaufsfläche genutzt werden derzeit 16.900 Quadratmeter. Der Widmungsantrag enthält somit eine Widmungserweiterung für das Einkaufszentrum von insgesamt 3200 Quadratmeter, die tatsächlich bauliche Erweiterung ist hingegen mit 5300 Quadratmeter geplant. 
Die 47 Stellungnahmen zum „Auflageverfahren zur Anpassung des Landesraumplanes für das Areal des Messeparks“ lassen sich in zwei Lager einordnen.

Die unterschiedlichem Argumente
Die Kritiker: Sie befürchten, dass die Ortszentren bei einer Erweiterung die Verlierer sind. In einigen Stellungnahmen, etwa aus der Hofsteigregion, dem Bregenzerwald oder den Vorderlandgemeinden heißt es, die geplante Erweiterung würde dem Raumplanungsziel von 2019 „die Ortskerne sind zu erhalten und in ihrer Funktion zu stärken“, klar widersprechen. Gemäß Erläuterungsbericht – Umweltbericht – generiert die geplante Messeparkerweiterung einen zusätzlichen Umsatz von 41,3 bis 59,1 Millionen Euro. Etwa 60 Prozent würden aus der Dornbirner Innenstadt und anderen zentralen Handelsstandorten Vorarlbergs kommen. Das bedeute für die Geschäfte in den Vorarlberger Gemeinden einen jährlichen Umsatzverlust von 24 bis zu 35 Millionen Euro. Doch nicht allein die Größe der Erweiterung ruft kritische Stimmen hervor, sondern auch die zu erwartende Verkehrssituation. Die geplante Erweiterung würde um etwa 25 Prozent mehr Einkaufsverkehr mit sich bringen und damit den Anteil des Messeparks am gesamten dortigen Verkehrsaufkommen um etwa acht Prozent erhöhen. 
Auch der Zeitpunkt der Kundmachung mitten in der Urlaubszeit sorgte für Kritik. Und dann treten noch jene auf den Plan, die einen „Dammbruch“ in Hinblick auf die künftige Raumplanung sehen, weil mit einer Messepark-Erweiterung unweigerlich der Ausbau der anderen Einkaufszentren im Land nach sich gezogen werde.
Gefordert werden daher ausgleichende Maßnahmen für benachbarte Handelsstandorte in Vorarlberg.
Die Befürworter: Sie sehen im Vorhaben eine große Chance für den Handelsstandort Vorarlberg insgesamt. Ein Argument von ihnen ist, mit der Erweiterung ein Zeichen gegen den Onlinehandel zu setzen. Die Bevölkerung nähme zu, damit auch das Kaufkraftvolumen. Die Erweiterung würde zudem keinen zusätzlichen Grund und Boden benötigen, aber neue Anbieter bringen. Dazu käme die Schaffung 300 neuer Arbeitsplätze, die allerdings wohl in anderen Bereichen wegfallen würden. Es wäre auch eine Chance, die bisher schon kritische Verkehrssituation durch intelligente Leitsysteme und das unterirdische Zufahren in eine neue Tiefgarage zu entlasten. Dazu komme ein optimiertes Angebot im öffentlichen Verkehr. Auch die bereits laufende Erweiterung des Einkaufszentrums „Lindaupark“ im benachbarten Bayern wird als Pro-Argument angeführt. Die Geschichte des Messeparks von seinen Anfängen in den 1970er-Jahren als Interspar-Markt habe gezeigt, dass die regelmäßige Weiterentwicklung und das Hereinholen neuer Shop-Konzepte zur DNA des Messeparks gehöre. Über 100 Millionen wollen die Betreiber investieren.
In der Wirtschaftskammer Vorarlberg hat sich die Sparte Handel zwar für eine Erweiterung und Modernisierung ausgesprochen, allerdings dezidiert gegen eine Erweiterung der Lebensmittelhandelsflächen.
Der Masterplan Einzelhandelsentwicklung Vorarlberg 2030 (CIMA, 2030) sieht für die Region Rheintal-Dornbirn in Bezug auf nahversorgungsrelevante Waren ein Flächenpotenzial bis 2030 von maximal 4400 Quadratmeter vor. Die beantragte Widmungserweiterung der Verkaufsfläche für Lebensmittel im Messepark von 2000 Quadratmeter beträgt somit fast die Hälfte (45,45 Prozent) des für die Region vorgesehenen Flächenpotenzials. Eine Zustimmung der Landesregierung könne einer zukünftigen Weiterentwicklung der Nahversorgungsinfrastruktur der gesamten Region entgegenstehen. Die Handel-Interessenvertreter beziehen sich dabei auf die mehrheitlich positive Empfehlung des Wettbewerbsausschusses der Sparte, allerdings mit klaren Einschränkungen. So heißt es beim Wettbewerbsausschuss, dass man „not more of the same“ haben wolle, also Konzepte, die bereits im Vorarlberger Rheintal vertreten sind, wie etwa Billigstanbieter. Namentlich wird der Textildiskonter Primark erwähnt. 
Ebenso wird eine „Multi Use Orientierung“ abgelehnt, heißt, der Messepark soll vorwiegend als Handels- und konsumnaher Dienstleistungs- und Gastronomiestandort betrieben werden. Zudem wird ein entgelt- und entschädigungsloser Verzicht auf eine Inanspruchnahme bestehender Handelswidmungen im näheren Umfeld vorgeschlagen. Dabei geht es um die ehemaligen Handelsflächen von Baumax und Elektro Rein. All diese Aspekte wurden von den Betreibern bereits zugesagt, ein entsprechender Raumplanungsvertrag sei in Ausarbeitung. Dennoch wird es ein schwieriger Entscheidungsfindungsprozess werden, der sowohl Fingerspitzengefühl als auch Mut erfordert. Ob die Verantwortlichen mit beidem dienen können, 

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