Christoph Jenny

Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: © Dietmar Walser)

Mercosur: Zu unrecht ein schlechtes Image

Oktober 2023

Freihandelsabkommen bringen zahlreiche Vorteile für Betriebe und Konsumenten. Aktuell wird das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay kontrovers diskutiert. Neue Impulse und sichere Arbeitsplätze. Höhere Resilienz und neue Exportchancen. Gesicherte Lieferketten und Zugang zu wichtigen Rohstoffen: Die Vorteile eines Handelsabkommens mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sind zahlreich. Es wäre fahrlässig und unverantwortlich für den Wirtschaftsstandort, diese Chancen nicht zu nutzen. Warum?
Weil Mercosur mehr als nur ein Handelspakt ist, es ist ein Assoziierungsabkommen, dass den Grundgedanken der EU, durch Handel Frieden stiften, zum Ziel hat. Es geht nicht darum, Rohstoffe billigst für die europäische Industrie zu bekommen, sondern die Mercosur-Länder verstärkt in die europäische Wertschöpfungskette unter ökologischen, sozialen und nachhaltigen Kriterien einzubinden. Wenn wir der Dominanz von China die Stirn bieten wollen, wenn wir nicht wollen, dass wirtschaftlich schwache Länder in die Arme von China getrieben werden, und dort Rohstoffe von China rücksichtslos abgebaut werden, muss es ein Anliegen sein, für ein Mercosur-Abkommen zu stimmen. Die geopolitische Lage hat sich verändert. Europa braucht verlässliche Partnermärkte, um sich von russischer und chinesischer Abhängigkeit zu lösen – und Lateinamerika ist ein solcher Markt. 
Mit einem besseren Marktzugang als jenem, über den derzeit die USA und China verfügen, nehmen unsere Unternehmen erleichtert an öffentlichen Ausschreibungen teil, diese belaufen sich auf ein geschätztes Volumen von 300 Milliarden Euro jährlich. Unsere Standards – vom Klima- und Umweltschutz, bis hin zu Arbeitnehmerrechten – werden nach Südamerika exportiert. Der Mersocur ist zudem eine ressourcenreiche Region. Viele aktuelle Probleme, die wir durch den Klimawandel und den Ukraine-Russland-Krieg haben, könnten wir mit dem Abkommen lösen, denn es gibt hier viele Möglichkeiten für grünen Wasserstoff, Rohstoffe für den Bau (Holz) und potenzielle Fachkräfte mit einem starken Europabezug. 
Wenn man sich anschaut, wo Österreichs Wohlstand entsteht, dann sieht man, dass dies stark durch den Export gelingt. 2022 lag die Exportquote bei 60,8 Prozent. Das gelingt aber nur dann, wenn österreichischen Firmen durch Freihandelsabkommen der Weg in neue Märkte geebnet wird. Würden wir nur vom österreichischen Markt abhängig sein, könnten wir bei weitem nicht unseren Lebensstandard halten. 

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.