Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

Unternehmertum und der Blick nach vorne

Februar 2024

Der Millennium Park in Lustenau wird erweitert, 2026 soll der Betriebsstart erfolgen. Drei Unternehmer erklären, was ihnen dieser Standort bedeutet, was den Reiz des Unternehmertums ausmacht – und welche Rahmenbedingungen in Österreich dringend zu verbessern sind.

Mit seinen Industriegetrieben ist ZIMM als Zulieferer im Maschinen- und Anlagenbau europäischer Marktführer. Der Spezialist – das Vorarlberger Unternehmen ist der einzige Fertiger von Industriegetrieben in ganz Westösterreich – liefert in 40 Länder dieser Welt, nach Südkorea, China, in die USA und nach Kanada, und in viele europäische Länder. Industrieunternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen zählen zu den Kunden. 
Gunther Zimmermann führt das von seinen Eltern 1977 gegründete Unternehmen seit dem Jahr 2012. Was macht für ihn den Reiz am Unternehmertum aus? Für ihn, sagt Gunther Zimmermann, bedeute Unternehmertum vor allem Selbstbestimmung: „Ich kann meine Ideen umsetzen, ich kann mich und mein Unternehmen nach meinen Vorstellungen ständig weiterentwickeln. Und die Freiheit, dies tun zu können, das ist die positive Herausforderung am Unternehmertum.“ 

Erweiterung
ZIMM forscht, entwickelt und produziert im Millennium Park. Dort, in diesem 115.000 Quadratmeter großen Betriebsgebiet in Lustenau haben 95 Unternehmen aller Größenordnungen ihren Sitz, sie beschäftigen in Summe 900 Mitarbeiter. Und bald werden es mehr sein, mehr Unternehmen und mehr Beschäftigte. Denn der seit gut 25 Jahren bestehende Millennium Park Rheintal, ab 1997 als Kooperation der Marktgemeinde Lustenau und der PRISMA Unternehmensgruppe entstanden, wird erweitert, um 22.000 Quadratmeter. Der Standort soll als Produktivquartier zu einem Betriebsgebiet der nächsten Generation weiterentwickelt werden, er wird Arbeiten, Wohnen und Leben vereinen und industrielle Produktion und urbanen Raum weiter verzahnen. „Erweiterungen und Investitionen von regionalen Unternehmen sind ein erfreuliches Zeichen“, sagt Wirtschaftslandesrat Marco Tittler: „In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wirkt dieses Bekenntnis zum Standort umso stärker und ist ein positives Signal über die Region hinaus.“
Karin Fink-Loos, Geschäftsführerin von Kugelfink, freut sich nach eigenen Angaben auf diese Erweiterung. Seit mittlerweile acht Jahren ist ihr Unternehmen im Millennium Park angesiedelt, Fink-Loos lobt die „sehr gute Lage, die nahe Anbindung an die Autobahn, insgesamt die gute Infrastruktur“, und den Umstand, dass die PRISMA darauf achte, dass es in diesem innovativen Unternehmerumfeld auch zu einem regelmäßigen Austausch komme.
Der Park bietet Mitarbeitern bereits jetzt eine Kinderbetreuungseinrichtung, Restaurants, Hotels, gar ein Fitnessstudio; das Angebot soll mit der Erweiterung um weitere Elemente ergänzt werden, auch mit dem Ziel der weiteren Attraktivierung des Standorts in Zeiten des Fachkräftemangels. „Wir sind überzeugt, dass vor allem Standorte, die Wohnen, Arbeiten und Leben in einem engen räumlichen Kontext kombinieren, zukunftsfähig sind“, heißt es in einem Folder der Unternehmensgruppe. 
Auch Gunther Zimmermann ist mit dem Millennium Park „extrem zufrieden“. Er lobt den Netzwerkaustausch mit anderen Unternehmen, den Branchen- und Unternehmensmix, die Infrastruktur, die Verkehrsanbindung. Und er sagt: „Wir arbeiten in einem wundervollen Umfeld nahe an der Natur.“
Erste Machbarkeitsstudien mit interessierten Unternehmen sind bereits erstellt. Heuer wird geplant, 2025 gebaut, 2026 der Betriebsstart erfolgen. „Das Produktivquartier im Vorarlberger Rheintal, der Millennium Park Rheintal, geht als weit über die Grenzen bekannter Innovations- und Produktionsstandort im Süden in die Erweiterung“, berichtet Bernhard Ölz, Vorstand der PRISMA Unternehmensgruppe. „Ideale Rahmenbedingungen, Infrastrukturen und Dienstleistungen werden beste Voraussetzung für Unternehmen und deren Zukunftsfähigkeit schaffen“, sagt Ölz. Die Grabher Group hat zwei Standorte im Millennium Park. Profitiert man vom dortigen Umfeld, was sagt Günter Grabher, CEO der Grabher-Group? „Absolut. Es sind dort viele unterschiedliche innovative Firmen, die vielleicht nicht immer zum gemeinsamen Projekt führen, sich aber doch gegenseitig befruchten. Und wenn man sich die hochspezialisierten Unternehmen dort auf kleinstem Raum ansieht: Das ist in dieser Anzahl österreichweit schwer zu finden.“ 

Die Selbstständigkeit
Im Interview (Seiten 12/13) sagt Grabher, was ihn am Unternehmertum so sehr reizt: „Die Möglichkeit, mit einem Team komplett neue Dinge zu erschaffen und damit vielleicht auch einen Teil unserer allgemeinen, gemeinsamen Zukunft zu gestalten.“
Wirtschaftslandesrat Marco Tittler erklärt: „In der Förderung des Unternehmertums liegt ein Schlüssel zur Stärkung unserer Gesellschaft.“ Es gehe dabei nicht um kurzfristige wirtschaftliche Erfolge, sondern um die Etablierung von Werten wie Selbstständigkeit, Innovationsgeist und Eigenverantwortung: „Gerade die vielfach familiengeführten Betriebe mit starker regionaler Verwurzelung leisten hier einen wertvollen Beitrag.“ Apropos.
Karin Fink-Loos führt Kugelfink, das Familienunternehmen, in dritter Generation. Auch sie sieht den Reiz am Unternehmertum in der Selbstständigkeit und in der damit verbundenen Möglichkeit, Verantwortung übernehmen und aktiv gestalten zu können: „Wir haben es von Generation zu Generation geschafft, diese Freude an der Selbstständigkeit weiterzugeben.“
Kugelfink, 1934 von Karin Fink-Loos‘ Großvater gegründet, ist Spezialist für Wälzlager, Antriebstechnik und Linearsysteme. Der technische Handelsbetrieb beliefert maßgeblich Industrie- und Gewerbebetriebe am Standort Vorarlberg, hat aber auch Kunden in Deutschland, in der Schweiz und in Restösterreich: „Wir entwickeln uns für unsere Kunden laufend weiter.“ Der neueste Produktbereich des Unternehmens ist die Handhabungstechnik. Bei dieser Technik werden im industriellen Bereich Werkstücke oder Werkzeuge automatisch manipuliert. Soll heißen: Automatisierungskomponenten wie Greifer oder Werkzeugwechsler machen Produktionen flexibler und effizienter. „Die Automation in der Produktion wird für Vorarlberger Industrieunternehmen in Zukunft ein ganz entscheidender Punkt sein.“ 

Weiterentwicklung
Unternehmerin zu sein, heiße auch, sich ständig neuen Herausforderungen zu stellen, sagt Fink-Loos: „Es ist nicht immer alles einfach im Unternehmertum. Aber das gehört dazu. Man packt’s an. Man bewältigt’s. Und danach geht es wieder weiter, immer mit dem Blick nach vorne.“ Die Unternehmerin spricht von „Optimismus, gepaart mit Realismus“ und sagt: „Man hat als Unternehmerin, als Unternehmer das Positive zu sehen, man hat die Weiterentwicklung zu suchen.“ Unternehmer zu sein, heißt also auch: „Sich stets mit neuen Entwicklungen zu beschäftigen, mit der Zeit und mit der Information mitzugehen, dabei stets nahe am Kunden zu sein und sich mit dessen Bedürfnissen mitzuentwickeln.“ 
Gunther Zimmermann schließt an: „Wir müssen immer einen Schritt voraus sein und voraus denken. Innovation bedeutet in dieser Zeit, in der alles immer noch schneller und besser sein muss: Kundennutzen schaffen. Unseren Kunden Vorteile verschaffen. Das ist unser Fokus.“ 
Wirtschaft und Gesellschaft
Wobei Unternehmertum mehr ist, gesellschaftlich betrachtet. Wirtschaftslandesrat Tittler bezeichnet den Beitrag der Unternehmer als „wesentlich, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, eine zukunftsorientierte Gemeinschaft zu fördern und die Grundlage für unseren Wohlstand zu sichern.“ Auch Karin Fink-Loos nennt das Unternehmertum „die Basis“ und einen der Motoren unseres Wohlstands, sie sagt: „Der Unternehmer und die Unternehmerin schaffen Arbeitsplätze, sie tragen Verantwortung gegenüber ihren Arbeitskräften.“ In dieser Definition ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz die Rede: „Und darum ist es ja so wichtig, dass wir die Rahmenbedingungen haben, die es Unternehmern erlauben, erfolgreich arbeiten und agieren zu können.“
Denn zum Unternehmertum gehören laut ZIMM-CEO Zimmermann auch „Risikobereitschaft, das Aushalten von Druck, und die Wahrnehmung von Verantwortung“ mit dazu. Zimmermann spricht von „der DNA eines Unternehmers“, er sagt: „Man hat Verantwortung für seine Mitarbeiter, und hat das Unternehmen sicher zu führen, auch durch stürmische Zeiten. Und man hat die Risiken zu tragen, die unweigerlich auf Unternehmer zukommen und die nicht immer einfach zu bewältigen sind.“ 

Forderungen
Karin Fink-Loos erklärt: „Wir brauchen – beispielsweise – dringend den Abbau von Bürokratie, eine Reduktion der Lohnnebenkosten, eine Steuerentlastung von Überstunden, die Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle bis zur Pensionierung hin.“ Österreich, sagt die Unternehmerin, „hat da viele Aufgaben, die Politik muss bessere Rahmenbedingungen schaffen“.
Das fordert auch Gunther Zimmerman: „Der Bürokratieabbau ist dringlich voranzutreiben, weil die überschießende Bürokratie auch einen negativen Einfluss auf die internationale Wettbewerbsposition Österreichs hat.“ Auch brauche es – mit Blick auf diese Wettbewerbsposition – dringend bessere Rahmenbedingungen im Bereich der Gehalts- und Steuer-Belastungen: „Natürlich muss beim Arbeitnehmer so viel ankommen, dass er sein Leben gut bezahlen und entwickeln kann. Aber die Gehaltserhöhungen haben mit größerem Augenmaß zu erfolgen. Und da waren die letzten beiden inflationsbedingten Lohnerhöhungen für die Unternehmen äußerst schmerzhaft.“
Denn mit dem hohen und immer noch höheren Lohnniveau riskiere die österreichische Wirtschaft den Verlust ihrer Marktposition, warnt der Unternehmer: „Europäische und internationale Mitbewerber, in deren Ländern bessere Rahmenbedingungen herrschen und die preisliche Gestaltung eine andere ist, werden uns die Aufträge wegnehmen. Und brechen Aufträge weg, werden Österreichs Unternehmen die Menschen nicht mehr in diesem Ausmaß beschäftigen können.“ Soll heißen: „Wir müssen raus aus dieser überschießenden Gehalts-Spirale. Und die Steuerbelastung für Unternehmen ist dringend zu senken. Der Staat muss handeln. Die österreichische Wirtschaft verliert bereits an Wettbewerbsposition.“

Wertschätzung
In Vorarlberg beschäftigten im Vorjahr rund 8500 Arbeitgeberbetriebe über 123.000 Personen; wirtschaftliche Entwicklung und gesellschaftlicher Wohlstand sind in der Tat untrennbar miteinander verbunden. Doch wird den Unternehmen denn auch die entsprechende Wertschätzung mitgebracht? Gunther Zimmermann hat da seine Zweifel. Das Unternehmertum habe in Vorarlberg und in Österreich auch wegen seiner vielen Familienunternehmen und inhabergeführten Betriebe zwar eine sehr große Bedeutung, erfahre aber nur teilweise die entsprechende Wertschätzung: „Von den Mitarbeitern in vielen Betrieben schon. Aber gesamtgesellschaftlich oder gar vom Staat? Das würde ich nicht sagen.“ 
Zukunftsforscher Michael Hauer hatte unter dem Titel „Die unternehmerische Gesellschaft“ in dieser Zeitung geschrieben: „Unternehmertum und Engagement sind das Rückgrat unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems.“ Ihm zufolge haben sich die europäischen Gesellschaften deshalb so positiv entwickelt, weil sie „unternehmerische Gesellschaften“ waren. In der öffentlichen, in der politischen Debatte wird dieser Umstand recht wenig gewürdigt. Der deutsche Sozialwissenschaftler Meinrad Miegel sagt: „Ohne Unternehmer wird unsere Gesellschaft verarmen und langfristig scheitern.“

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