Richard Elhenický

Was läuft schief in Österreich?

März 2015

Strebt unsere Regierung griechische Verhältnisse an?

Die Bundesregierung hat nach längeren Ankündigungen einer Steuersenkung am 20. Mai 2014 eine Verwaltungsreformkommission (mit dem sperrigen Titel „Aufgaben- und Deregulierungskommission“) und anschließend – mit einigen Pannen zum Start – eine Steuerreformkommission eingesetzt. Der damalige Finanzminister Spindelegger hat die Arbeiten dieser beiden Kommissionen durchaus im Zusammenhang gesehen und wörtlich gesagt: „Wir müssen uns eine Steuerreform mit Reformen erarbeiten. Erste Ergebnisse erwarte ich binnen sechs Monaten.“

Davon ist leider nichts übrig geblieben. Konkrete Vorschläge für Einsparungen des Staates bei sich selbst gibt es keine, und die Diskussion bei der versprochenen Steuerreform läuft auf die Frage hinaus, welche neuen Steuern man einführen kann, um andere Steuern zu senken. Anders gesagt: Das Geld, das die Steuerzahler vielleicht weniger an den Staat abführen müssen, wird ihnen anderswo weggenommen. Das ist dann natürlich keine Reform, sondern eine Frotzelei der Steuerzahler, doch ist zu befürchten, dass die sich das in bewährter österreichischer Langmut auch noch gefallen lassen werden.

Dabei sind die Größenordnungen, wegen denen sich die Koalitionspartner in den Haaren liegen, vergleichsweise gering: Ob jetzt fünf oder sechs Milliarden Euro durch die Steuerreform auf der einen Seite eingespart (und auf der anderen ohnedies durch neue bzw. höhere Steuern wieder eingenommen) werden sollen, ist angesichts dessen, was sich der Staat im Wege der sogenannten kalten Progression von uns holt, lächerlich:

Die Abgabensumme (Einkommen- und Vermögensteuern, vermögenswirksame Steuern, Produktions- und Import­abgaben und tatsächliche Sozialabgaben) ist zwischen 2010 und 2014 (dieses Jahr noch geschätzt) von 120 Milliarden auf 143 Milliarden Euro, also um rund 23 Milliarden Euro, gestiegen. Davon sollen wir uns in Zukunft fünf oder sechs Milliarden ersparen, wobei die Abgabensumme natürlich auch in Zukunft weiter wachsen wird.

Man kann es auch anders darstellen, ohne an Objektivität zu verlieren: Das BIP ist von 2010 bis 2013 (für diesen Zeitraum liegen die Zahlen tatsächlich vor) um knapp zehn Prozent gewachsen, die Zahl der Erwerbstätigen ist im gleichen Zeitraum um zwei Prozent, das verfügbare Einkommen um sechs Prozent gestiegen, die Summe der Abgaben aber um 14 Prozent!

Man kann diese versprochenen fünf Milliarden Euro auch in Relation zu den voraussichtlichen Kosten der Hypo-Alpe-Adria-Bank setzen: Die derzeit prognostizierten 20 Milliarden Euro, die uns dieses Bankdesaster kosten wird, weil unsere Regierung vorschnell alle Haftungen an sich gezogen hat, würden schon alleine für drei bis vier Steuerreformen ausreichen. Und dass damals nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, hat mittlerweile auch das Parlament unter dem Druck des Ergebnisses der Griss-Kommission erkennen müssen. Schließlich hat auch niemand Bedenken gehabt, ein großes Unternehmen wie die Alpine Bau GmbH in die Insolvenz zu schicken, obwohl es dort laut Masseverwalter Stefan Riefl neben Außenständen in Milliardenhöhe um 7000 Arbeitsplätze gegangen ist.

Das Problem liegt in der mangelnden Bereitschaft unserer Politiker, Reformen ernsthaft anzugehen, die längst notwendigen Maßnahmen wie Bürokratieabbau oder Dienstrechtsreform zu setzen sowie grundsätzliche Überlegungen anzustellen, welche Aufgaben der Staat durch eigene Behörden tatsächlich wahrzunehmen hat. Dass diese Themen nicht neu und den Verantwortlichen längst bekannt sind, zeigt die Unzahl der seriösen Reformvorschläge, die seit Langem auf dem Tisch liegen: Allein der Rechnungshof hat schon 2011 neben den vielen aus den einzelnen Prüfungen resultierenden Empfehlungen 599 Vorschläge zur Verwaltungsreform vorgelegt. Würde nur ein geringer Bruchteil dieser Vorschläge ernsthaft umgesetzt werden, könnte man eine Steuerreform, die diesen Namen auch verdient,
finanzieren, ohne den Steuerzahlern gleichzeitig in die andere Tasche zu greifen.

Alle führenden Politiker in Österreich, zuletzt auch Finanzminister Schelling, haben immer wieder betont, dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Aus dieser Erkenntnis die nötigen Konsequenzen zu ziehen, wäre dringende Aufgabe der Politik.

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