Robert J. Bösch

Ahnenforschung – eine unendliche Geschichte?

September 2016

Immer mehr Menschen erkunden ihre Wurzeln, ihre Ahnen, ihre Heimat. Ist es eine Art neue Lust auf Familie? Familienforschung ist heute im Trend. Großes Treffen der Familienforscher in Bregenz.

Viele, die Interesse an ihrer Familie haben und ihre Vorfahren erforschen, lässt es nicht los, einen vollständigen Stammbaum zu präsentieren. Immer mehr Menschen beschäftigen sich daher mit ihrer Vergangenheit, mit der Frage, wer eigentlich vor Oma und Opa da war. Welche Herausforderungen hatten meine Vorfahren zu bestehen und wie war das damalige Umfeld? Gibt es berühmte Ahnen, Auswanderer oder gar dunkle Gestalten in meiner Ahnentafel? Und bevor man sich dessen bewusst ist, ist man nicht nur Familien-, sondern auch Geschichts- und Heimatforscher.

Geduld ist die wahrscheinlich wichtigste Tugend im Leben eines Ahnenforschers – die Bereitschaft, Stunden, Tage, Wochen in Archiven zu stöbern, Namen, Berufe und Geburtsdaten zu sammeln, zu ordnen und zu dokumentieren, Fortschritte nur in Zeitlupe zu erzielen. „Auch über den toten Punkt hinaus“, sagt Georg Watzenegger, Obmann der IGAL (Interessengemeinschaft Ahnenforscher Ländle – Landesverband für Familienforschung Vorarlberg). „Den toten Punkt“, sagt er, „haben alle einmal. Das ist, wenn plötzlich nichts mehr weitergeht und man in einer Sackgasse steckt.“

Viele haben da schon aufgegeben. Die bis dahin erzielten Ergebnisse landen dann in einer Schuhschachtel und schlummern kümmerlich dahin. Das muss nicht sein, sagte ich mir und gründete 2002 einen Verein, der heute auf über 250 Mitglieder angewachsen ist. Sein Leitbild basiert auf fünf Fundamenten:

 

  • Austausch des Know-hows, Weiterbildung, Zusammenführung Gleichgesinnter
  • Vermeidung unnötigen Aufwands infolge von Parallel-Recherchen in bereits ausgewerteten Unterlagen
  • Differenzbereinigung bei widersprüchlichen Angaben
  • Besuch von Archiven und Erschließung von Quellen und Archivalien
  • Sicherung der Daten für alle Vereinsmitglieder

Viele tüfteln daher nicht mehr nur im stillen Kämmerlein. Sie vernetzen sich, der digitalen Welt sei Dank, via E-Mail und Facebook. Regelmäßige Treffen dienen dem Erfahrungs- und Datenaustausch. So hat heute IGAL vier unabhängige regionale Forschertreffen in Vorarlberg in jedem Monat. Hier wird über die Erfolge und auch über die weißen Felder in der eigenen Genealogie berichtet. Jedes Mal werden wieder neue Kenntnisse und Quellen entdeckt, der tote Punkt wird überwunden.

Getreu dem Leitbild des Vereins sind die Mitglieder dank gegenseitiger Unterstützung äußerst aktiv. Nicht wenige sind aus dem Stadium „Schuhschachtel“ zu wahren Familiendokumentationen hoher Qualität gekommen. Herausragendstes Ergebnis ist das Familienbuch der Vorarlberger Wehinger. Es überstreicht 600 Jahre Familiengeschichte mit zahlreichen Abbildungen und Dokumenten auf über 500 Buchseiten. Der Autor, Herbert Wehinger aus Altach, ist erst seit acht Jahren Vereinsmitglied. Dank der Unterstützung durch den Verein konnte er dieses umfangreiche Werk in sechs Jahren zur Vollendung bringen.

Es gibt keine Altersgrenzen für die Familienforschung. Das jüngste Mitglied konnte gerade erst schreiben, als es sich für seine Vorfahren über Opa und Oma hinaus zu interessieren begann. Bemerkenswert ist auch das Familienbuch von Albin Beiser aus Lustenau, der mit 70 Jahren den Umgang mit dem Computer erlernte, um sein 455-seitiges Familienbuch in präsentabler Form drucken zu lassen. Alle diese Schriften sind auch am 68. Deutschen Genealogentag in Bregenz ausgestellt. Selbstverständlich kann dort mit den Autoren Kontakt aufgenommen werden.

Neben diesen umfangreichen Arbeiten gibt es auch weniger zeitkonsumierende Ergebnisse. So ist die kleinste Ahnentafel auf rund 80 Personen angewachsen und ziert die Eingangshalle eines Gasthauses. Auch ein A3-großes Bild mit 16 bekannten Wappen der Familien Bösch prangt stolz in einem Arbeitszimmer eines Mitglieds.

Jeder kann seine Familie erforschen. Es ist dem Vereinsvorstand ein Anliegen, Familienforschung in hoher Qualität zu sichern. Das notwendige Wissen vermittelt die IGAL in mehreren Lehrschriften und in Vorträgen vereinsintern und auch an der Volkshochschule. Das Wichtigste ist das Gespräch mit den eigenen Verwandten. Schreiben oder zeichnen Sie alle erzählten Geschichten und Anekdoten auf! Dies kann später ein wertvolles Erinnerungsstück sein. Gerade unsere älteren Verwandten haben oft ein ausgeprägtes Wissen zur Familiengeschichte auch schon verstorbener Personen.

Schon in den Gründerjahren legte der Vorstand der IGAL großen Wert auf eine Vernetzung mit anderen Vereinen und Verbänden. Auch bringt er zweimal jährlich eine eigene 24-seitige Vereinszeitung mit Mitteilungen aus der IGAL-Forschung heraus. Der Verein ist auch zur Führung des Landeswappens berechtigt. Dank dieser Weitsicht und Umtriebigkeit wurde die IGAL vom DAGV mit der Ausrichtung des 68. Deutschen Genealogentags vom 30. September bis 2. Oktober 2016 in Bregenz betraut. Er steht unter dem Motto:

„Am See forschen – den See erleben!“

Der Deutsche Genealogentag wird einmal jährlich abgehalten. Diese bedeutende internationale Tagung hat bisher erst zwei Mal in Österreich stattgefunden. Während des gesamten Wochenendes wird den Besuchern – es liegen Anmeldungen bis aus den USA vor – auf der Werkstattbühne des Festspielhauses das Neueste über die Ahnenforschung geboten. Vereine und Institutionen zeigen an ihren Ausstellungsständen, auf welchem Niveau sich die Familienforschung heute befindet. Sie geben wichtige Tipps für den eigenen Start in die Familienforschung. Ebenso können Experten erfahren, wie Recherchen optimal gestaltet werden. In Fachvorträgen zum Thema Ahnenforschung können die Besucher ihr Wissen vertiefen. Ein Austausch direkt mit den Experten ist nach jedem Referat möglich.

 

68. Deutscher Genealogentag 2016

Freitag 30. 9. bis Sonntag 2. 10. 2016
Bregenz, Festspielhaus – Werkstattbühne
Fr 16–18 Uhr, Sa 09–18 Uhr, So 09–14 Uhr

22 Fachvorträge im Seestudio und im Seefoyer
32 Aussteller
8 Exkursionen im Rahmenprogramm
Eintritt: Ausstellung frei.
Jeder Besucher erhält zudem nützliche Unterlagen für seine Familienforschung.

http://genealogentag.igal.at
Rückfragen: watzenegger.georg@igal.at

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