Andrea Marosi-Kuster

Andrea Marosi-Kuster (45) leitet die Unternehmenskommunikation der Vorarlberger Landeskrankenhäuser. Sie ist studierte Biologin und gebürtige Burgenländerin.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Die Zukunft braucht mehr Pflegekraft

September 2022
Jeder Mensch benötigt im Laufe seines Lebens Pflege. Jene zu unterstützen, die aufgrund ihres Alters, einer
Erkrankung, infolge eines Unfalls, einer Verletzung oder auch wegen sozialer Probleme Hilfe benötigen, ist in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich jedoch vieles gewandelt. So wurden Kinder früher im Familienverband aufgezogen, Kranke und alte Menschen eben­dort gepflegt. Heutzutage ist dies vielfach nicht mehr möglich. Stattdessen werden immer mehr pflegerische Aufgaben von der stationären Pflege, der Hauskrankenpflege und anderen Unterstützung- und Betreuungseinrichtungen übernommen. Angesichts der demografischen Entwicklung wird der Bedarf an Pflegekräften weiter ansteigen.
 
Neuer Blick auf die Pflege
Nicht erst seit Corona schwebt der Pflegemangel wie ein Damoklesschwert über der Gesundheitsversorgung. Doch hat die Pandemie diesen nochmals verschärft. Die Belastungen des Pflegepersonals haben in dieser Ausnahmesituation teils massiv zugenommen, gleichzeitig wurde der Öffentlichkeit die Bedeutung der Pflege vor Augen geführt. Dabei erfordert Pflege oft Höchstleistungen, körperlich wie emotional. Rund um die Uhr sind Pflegefachkräfte für Patienten und zu betreuende Menschen da. Neben der fachkundigen Umsetzung medizinischer Leistungen übernehmen sie auch eine wichtige Rolle im zwischenmenschlichen Bereich. 
Krankenhäuser und Langzeitpflege stehen vor der gewaltigen Herausforderung, Personal zu gewinnen und langfristig im Beruf zu halten. Dafür braucht es ein Bündel an Maßnahmen, um Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern – mit einem neuen Blick auf die Pflege. Denn bei allen Herausforderungen sprechen viele gute Gründe dafür, diesen Berufsweg einzuschlagen: Pflegeberufe sind vielfältig, mit hoher Zukunftssicherheit, großer Jobvielfalt, flexiblen Arbeitszeitmodellen, guter Bezahlung und unzähligen Karrieremöglichkeiten. Die Ausbildung wird finanziell gefördert. Nicht zuletzt ist es eine sinnstiftende Arbeit. 
An Profil gewonnen
Vor allem hat sich aber auch der Stellenwert der Pflege verändert. Stand diese traditionell im Ruf eines „ärztlichen Hilfsdiensts“, hat in den vergangenen Jahrzehnten eine Professionalisierung stattgefunden, die bis heute konsequent weiter fortgeführt wird. In der Folge haben Pflegefachkräfte mehr und mehr ihren Platz als Experten im Team eingenommen. Zum Wohl ihrer Patienten arbeiten die unterschiedlichen Berufsgruppen mit ihren jeweiligen Qualifikationen Hand in Hand. „Die Pflege entwickelt sich ständig weiter, das macht es spannend“, betont auch Elke Kovatsch, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und Pflegedirektorin am Landeskrankenhaus Rankweil. Heute werde anders operiert als vor zehn Jahren. „Genauso verhält es sich in der Pflege, beispielsweise mit der Wundheilung.“
Dieser Professionalisierung trägt auch die Ausbildung Rechnung. Viele Wege führen in die Pflege, hinzu kommen vielfältigste weiterführende Bildungsaktivitäten vom einmonatigen Kurs bis zum Pflegestudium. Grundlage für den gehobenen Dienst ist die dreijährige generalistische Pflegeausbildung, die auf einen Einsatz in allen Feldern der Gesundheits- und Krankenpflege vorbereitet. Für Bereiche wie die Kinder- und Jugendheilkunde oder die Psychiatriepflege, Intensivpflege, Anästhesie, OP- oder Dialysepflege, aber auch für Führungsaufgaben oder Lehrtätigkeiten ist zusätzlich eine Spezialausbildung nötig. In weiterer Folge werden zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten geboten: Sei es fachlicher Natur in Bereichen wie Wundmanagement, onkologische Pflege, Diabetespflege oder Praxisanleitung. Kovatsch weiß aus Erfahrung: „Wer eine abwechslungsreiche Karriere anstrebt, sollte die Pflege als Beruf wählen.“
Gerade im Krankenhaus ist Pflege 24 Stunden am Tag erforderlich. Es gibt zahlreiche Dienstformen, Vollzeit wie Teilzeit, und noch mehr verschiedene Dienstzeiten inklusive Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste. Dadurch ergeben sich bessere Voraussetzungen für die Vereinbarkeit des Berufs mit Weiterbildung und natürlich mit der Familie. 
Um den hohen Pflegestandard nachhaltig sicherstellen zu können, ist jedoch ein Umbruch nötig. Auch die Spitäler müssen genauer hinschauen, wo welche Art von Pflegeleistungen oder sonstigen Tätigkeiten erforderlich sind, um die Mitarbeitenden im Bereich gehobener Dienst, Pflegeassistenz und Administration gezielt einsetzen zu können. Diesem Ansatz folgend wurde vor einigen Jahren der Stationsservice in den Landeskrankenhäusern eingeführt. Dieser übernimmt „Hotellerie-Dienstleistungen“ wie Bettenmachen und Essensausgabe und entlastet auf diese Weise das Pflegepersonal.
 
#Mein Job fürs Leben
Ohne Frage sind die Anforderungen in diesem Beruf hoch. Und doch ist er vielen Pflegern und Pflegerinnen zur Berufung geworden. Warum lieben sie, was sie tun? Persönliche Antworten darauf gibt die Pflegekampagne #meinjobfürsleben, die die Vorarlberger Landeskrankenhäuser gemeinsam mit dem Land Vorarlberg initiiert haben. Die Kampagne soll die vielfältigen Pflegeberufe vorstellen und ihre Vorzüge hervorheben, ohne dabei die täglichen Herausforderungen und Anstrengungen schön färben zu wollen. Mit einer Reihe von Aktivitäten wird seit Juni öffentlich um neue Pflegefachkräfte für Vorarlberg geworben, in den sozialen Medien, über Online-Kampagnen und über die Internet-Plattform www.meinjobfuersleben.at. 
Zu helfen, von Mensch zu Mensch – das ist es letztlich, was viele motiviert, in die Pflege zu gehen. „Die spürbare Dankbarkeit der Patient:innen ist eine unglaubliche Selbstbestätigung“, sagt Elke Kovatsch. „Einmal hat ein Patient nach mehreren Wochen Behandlung zu mir gesagt: ‚Du hast mir dabei geholfen, zurück ins Leben zu finden.‘“ 

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