Peter Lissy

Psychologe und Psychotherapeut am ifs

Der wohlverdiente Ruhestand oder doch Unruhestand?

April 2017

Es ist schon fast ein Klischee: Das Bild des Rentners, der keine Zeit mehr hat, der in 1000 Aufgaben eingespannt ist, sodass man sich schon für einen Termin bei ihm anmelden muss.
Oder hat dieses Bild vom aktiven Senior das frühere Klischee abgelöst? Das des Ruheständlers, der seine freie Zeit genießt, auf der Parkbank sitzt und Tauben füttert oder seinen Enkeln am Spielplatz zuschaut.

Auch wir haben Bilder vom eigenen Altwerden – und vor allem die Älteren von uns werden sich fragen: Wie lebe ich diesen letzten Abschnitt meines Lebens?

Als „junger“ Alter, fit wie „ein Turnschuh“, der 3000 Höhenmeter am Tag Biken geht, im Winter das entsprechende Maß an Skitouren absolviert, sich in Studios fit hält, weil man könnte ja rosten, wenn man rastet.

Oder als „alter“ Alter, der eine gewisse Gemächlichkeit an den Tag legt, manche Tätigkeiten von früher nicht mehr ausübt oder nur mehr so, wie es ihm Freude bereitet, der sich Zeit lassen kann, dem Qualität auch mal wichtiger ist als Quantität.

Jeder Mensch muss seine Form des Altwerdens selbst finden und sollte sich nicht in eine neue Form von Rollenzwang hineinpressen lassen. Gerade im Alter kann man sich die Freiheit nehmen, so zu sein und zu handeln wie es einem seelisch und körperlich entspricht.

Fritz Riemann schreibt in seinem Buch: „Die Kunst des Alterns“: „Die vielleicht größte Chance des Alters liegt in der geistigen Freiheit. Im Alter sind wir im Allgemeinen unabhängiger und können es sich uns leisten, einfach wir selbst zu sein. Aus dieser Freiheit heraus können wir Erlebtes, Erfahrenes und Erkanntes weitergeben ohne Führungs- und Machtanspruch, wir brauchen damit nichts mehr zu erreichen.“