Angelika Schwarz

* 1975 in Feldkirch, ist Journalistin, studierte Germanistin und Anglistin, langjährige ORF-Redakteurin und -Moderatorin (Radio und Fernsehen). Angelika Schwarz arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Landeskrankenhäuser Vorarlberg.

Für Herz und Lunge

Juli 2023

Vor über einem Jahr, im Februar 2022, hat ein Team aus den Abteilungen für Anästhesie und Intensivmedizin, Innere Medizin sowie Gefäßchirurgie am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch damit begonnen, die „Extrakorporale Membranoxygenierung“ (kurz: ECMO) erstmals in Vorarlberg auch systematisch anzuwenden. Die Therapie stellt eine vorübergehende Versorgung der Organe mit sauerstoffreichem Blut sicher. Dieses äußerst aufwändige Verfahren, bei dem eine Herzlungenmaschine als lebensrettende Therapieoption eingesetzt wird, setzt hochspezialisiertes Fachwissen voraus. Bei zwölf Patienten und Patientinnen in Vorarlberg konnte die ECMO allein im ersten Jahr erfolgreich eingesetzt werden. Sechs Menschen haben nur dank dieser Therapie ein schweres gesundheitliches Ereignis überlebt.

Technische Methode ersetzt Organfunktion 
Bei Patienten mit lebensbedrohlichem akuten Herz- und/oder Lungenversagen kann nach Ausschluss von Kontraindikationen eine ECMO implantiert werden. „Dabei wird das Blut der Patienten außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert, Kohlendioxid entfernt und wieder in den Körper und den Blutkreislauf gepumpt. Dafür werden große Kanülen eingesetzt, die durch die Haut am Hals und/oder in den Leisten in zentrale Gefäße, also große Arterien und Venen, gelegt werden: „Unter Ultraschallkontrolle werden zunächst Drähte in die Gefäße eingebracht und die Zugangswege so weit eröffnet, dass darüber die bis zu ein Zentimeter großen Kanülen eingesetzt werden können. Über diese Katheter werden während der Therapie mehrere Liter Blut pro Minute gepumpt“, erklärt Oberarzt Dr. Harald Rinösl. Der Anästhesist leitet das interdisziplinäre ärztliche und pflegerische Team am LKH Feldkirch, das die ECMO-Therapie anbietet. 
„Das Blut wird vor dem Herzen aus dem Körper abgesaugt. Je nachdem, in welches Gefäß wir das Blut zurückpumpen, können wir speziell Patienten mit Lungenversagen, mit Herzversagen oder mit einem kombinierten Herz- und Lungenversagen optimal helfen. Es können damit die Funktionen von Herz und Lunge teilweise oder sogar komplett ersetzt werden“, erklärt Dr. Rinösl. Je nach Krankheitsbild ist diese Therapie über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu vielen Wochen nötig, bis sich das Herz beziehungsweise die Lunge wieder erholt haben.

International vernetzt
Nicht nur der eigentliche Einsatz der ECMO ist sehr aufwändig. Bereits die Entscheidung selbst, ob einem Patienten oder einer Patientin mit einer Herzlungenmaschine geholfen werden kann, setzt spezialisiertes Fachwissen voraus. Sämtliche Mitarbeiter, die bei dieser Therapie im Einsatz sind, sind entsprechend geschult. Dr. Harald Rinösl selbst hat sechs Jahre am AKH Wien als Herz-anästhesist gearbeitet. Auch sein ärztliches Team, mit dem er gemeinsam seit Februar 2022 rund um die Uhr für Notfälle zu Verfügung steht, hat viel Erfahrung in diesem Bereich und ebenfalls an herzanästhesiologischen Kliniken außerhalb Vorarlbergs gearbeitet. „Es ist eine große Herausforderung, ein breites Team aufzubauen, das mit der ECMO-Therapie den Patienten in Vorarlberg die beste Therapieform bei akutem Herz- oder Lungenversagen anbieten kann. Viele unserer Mitarbeiter haben an internationalen Kursen teilgenommen. Andere Schulungen wiederum haben wir selbst durchgeführt und so für unser Team einen wertvollen Erfahrungsaustausch mit Spezialisten anderer Kliniken organisiert.“ 
Besonders stolz ist Oberarzt Rinösl auch auf das kompetente Pflegeteam: „Es freut mich sehr, dass wir 15 hochmotivierte Intensiv-Pflegekräfte fachlich aufbauen konnten, um die ECMO-Therapie anbieten zu können.“ Für das Pflegeteam bedeutet das ein „Arbeiten unter maximalem Stress und Zeitdruck, aber auch eine ganz besondere Form der Teamarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften“, erklären DGKP Bernhard Flatz und DGKP Marcel Walter, Stationsleiter der Intensivpflege und Mitglieder des ECMO-Teams am Landeskrankenhaus Feldkirch: „Um die hochspezialisierten Maschinen bedienen zu können, nehmen wir besondere Aus- und laufende Weiterbildungsmöglichkeiten in Anspruch. Wir arbeiten in dem Bewusstsein, dass die ECMO-Therapie die jeweils letzte Chance für das Überleben der Patienten bedeutet. Und darauf muss man – nicht nur fachlich, sondern auch psychisch – vorbereitet sein.“ Flexibilität sowie die Bereitschaft, zu jeder Tages- und Nachtzeit für den Fall der Fälle bereit zu stehen, zeichnen das ECMO-Pflegeteam zusätzlich aus. 

Interdisziplinäre Zusammenarbeit 
Die ECMO kommt bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen zum Einsatz. Zu den Krankheitsbildern zählen Lungenversagen bei Infektionen, Herzversagen nach akutem Herzinfarkt und schwerste Hypothermie – etwa nach Lawinenunfällen. Da derartige Ereignisse meist nur schwer oder gar nicht vorhersehbar sind, muss das ECMO-Team rund um die Uhr abrufbar sein. „Einer der speziell geschulten ECMO-Ärzte ist jeweils für 24 Stunden in Bereitschaft“, erklärt Dr. Harald Rinösl. „Vor allem bei Patienten im Kreislaufstillstand nimmt mit jeder gewonnenen Minute die Überlebenschance zu.“ In der Akutphase werden die Patienten von bis zu 15 Fachpersonen betreut, die schnell verfügbar sein müssen. Dabei wird nicht nur berufsgruppenübergreifend, sondern auch interdisziplinär und abteilungsübergreifend zusammengearbeitet. Mit im Boot sind neben den Fachleuten der Anästhesie und Intensiv-medizin auch ausgewiesene Experten für das Gefäßsystem, eigens geschulte Gefäßchirurgen und Herzspezialisten. Das Feldkircher ECMO-Team arbeitet zudem eng mit Fachkollegen der Universitätsklinik Innsbruck zusammen. Diese eingespielte Organisationsstruktur hat von Beginn an dafür gesorgt, dass Patienten nach dem Einsetzen der ECMO und der primären Stabilisierung am LKH Feldkirch bei Bedarf zu einer weiteren Behandlung an die Uniklinik in Innsbruck überstellt werden können. 
Bereits im ersten Jahr konnte die Fachgruppe zeigen, dass die ECMO-Therapie in Vorarlberg sicher und erfolgreich angewendet werden kann. „Der Bedarf war groß. Wir konnten Menschenleben retten“, betont Dr. Harald Rinösl.

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