Angelika Schwarz

* 1975 in Feldkirch, ist Journalistin, studierte Germanistin und Anglistin, langjährige ORF-Redakteurin und -Moderatorin (Radio und Fernsehen). Angelika Schwarz arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Landeskrankenhäuser Vorarlberg.

Im Notfall verlässlich aufgefangen

April 2023

Notfall- und Fachambulanzen finden sich in allen Spitälern des Landes. Sie sind rund um die Uhr mit eigens dafür qualifizierten Teams besetzt, die sich neben hoher fachlicher Expertise auch durch besonders rasches Handlungsvermögen sowie Entscheidungs- und Nervenstärke auszeichnen. Denn sie sind explizit für lebensbedrohliche Notfälle vorgesehen. Am Landeskrankenhaus Feldkirch werden die Fähigkeiten der in diesem Bereich benötigten Fachdisziplinen in einer zusätzlichen „Interdisziplinären Notaufnahme“ (iNA) gebündelt. Dafür stehen seit 2020 eigens für den akuten Notfall konzipierte Räumlichkeiten zur Verfügung. Durchschnittlich werden allein hier rund 27.500 Patienten und Patientinnen pro Jahr betreut. 

Teams aus neun Fachbereichen
Kernaufgabe der iNA ist die Notfall- und Akutversorgung von Patienten in einem (potenziell) lebensbedrohlichen Zustand, der rasches Handeln erfordert. Am LKH Feldkirch als Schwerpunktkrankenhaus ist die Interdisziplinäre Notaufnahme das Zentrum für kardiologische und neurologische Notfälle. Die Verletzungen und Krankheitsbilder fallen vor allem in die Bereiche „Innere Medizin“ (unter anderem Herzinfarkt, allergischer Notfall), „Pädiatrie“ (zum Beispiel Kinder mit Atembeschwerden), „Neurologie“ (vor allem Schlaganfall) und „Allgemeinchirurgie“ (etwa akute Bauchschmerzen). „Zusätzlich betreuen wir Notfälle der Urologie, Gynäkologie, Dermatologie, Gefäß- und Neurochirurgie“, ergänzt DGKP Matthias Hellmair. Er ist Stationsleiter der iNA am LKH Feldkirch. „Wir arbeiten in einem interdisziplinären Team aus neun verschiedenen medizinischen Fachbereichen. Das ist sehr spannend, braucht aber auch viel Fach- und Zusatzwissen.“
Gerade wenn viele Fachrichtungen und unterschiedliche Berufsgruppen in Ausnahmesituationen rasch und effizient zusammenarbeiten müssen, setzt das ein hohes Maß an Kommunikations- und Teamfähigkeit voraus: „Hier ist die iNA am LKH Feldkirch bestens aufgestellt, wir haben einen hervorragenden Zusammenhalt im Team!“, lobt Matthias Hellmair. „Die gute Zusammenarbeit der Mitarbeiterschaft aus all diesen Disziplinen macht diese Art der Notaufnahme so besonders“, betont Fachbereichsleiter Primar Dr. Matthias Frick. Die eigens dafür konzipierten Räumlichkeiten haben nach Ansicht des Primars nicht nur die Arbeitssicherheit und den -komfort erhöht, „sie haben auch die Möglichkeit eröffnet, uneingeschränkte Notfallmedizin im engsten Sinn durchzuführen, sprich: Die Bereiche Elektiv (planbar) und Notfall (unaufschiebbar) sind ganz klar getrennt“. „Zudem“, fügt der bereichsleitende Oberarzt Dr. Alexander Vonbank hinzu, „können wir Notfälle nach den aktuellsten medizinischen Anforderungen behandeln. Das betrifft auch den infektiologischen Bereich mit der Möglichkeit zur Isolation.“ Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, welchen Stellenwert dieser Aspekt einnehmen kann.

„Manchester Triage System“
Die Mitarbeiterschaft der iNA betont, dass die Entscheidung darüber, welche Patienten wann behandelt wird, nicht willkürlich geschieht: „Die Erst­einschätzung erfolgt nach einem genau vorgegebenen Plan“, erklärt Primar Frick. Und Oberarzt Vonbank führt aus: „Um die Dringlichkeit der Notfälle bestmöglich einschätzen zu können, haben wir das sogenannte Manchester Triage System erfolgreich eingeführt.“ Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren zur Ersteingruppierung neu eintreffender Patienten. „Ziel ist das schnelle Festlegen von sicheren und nachvollziehbaren Behandlungsprioritäten.“ Eine entscheidende Rolle kommt hier dem Pflegepersonal zu, weiß DGKP Matthias Hellmair: „Es ist nämlich eine Notfallpflegefachkraft, die die Patienten als allererstes sieht und somit auch die Einschätzung nach dem Manchester Triage System übernimmt. Ein zertifizierter Grundkurs sowie notfallmedizinische Praxis werden für diese Position vorausgesetzt. Die Kollegen treffen dabei nicht die Entscheidung, wer behandelt wird und wer nicht, sondern sie reihen nach dem Leitsatz: Wer zuerst Hilfe braucht, bekommt zuerst Hilfe.“ Erfahrung spielt hier also eine entscheidende Rolle, erklärt Hellmair: „Eine eigene Abteilung als zentrale Notaufnahme mit eigenem Kernteam ist daher viel wert, allein schon, um personell eine Kontinuität zu erreichen und einen Erfahrungsschatz aufzubauen!“
Bei der Ersteinschätzung wird aber nicht nur die Dringlichkeit beurteilt, sondern meist schon eine grobe Zuteilung für die passenden medizinischen Fachbereiche vorgenommen. „Wir haben Spezialisten aller Fachdisziplinen zur Verfügung. Und es sind – neben Turnus- und Assistenzärzten – immer erfahrene Fach- und Oberärzte vor Ort“, betont Oberarzt Dr. Vonbank. „Auch bei fachübergreifenden Problemen können wir rasch auf entsprechende Experten zurückgreifen. Der Vorteil für die Patientenschaft ist, dass sie für den Fall der Fälle nur einen Anlaufpunkt kennen müssen.“
 

Notfall ist nicht gleich Notfall
Als „medizinischer Notfall“ gilt ein plötzlich eingetretenes Ereignis, das eine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit bedeutet: „Die vitalen Funktionen sind in so einem Fall durch eine Verletzung oder eine akute Erkrankungen gestört oder ausgefallen.“ Anzeichen für dringend notwendige Behandlungen, die auch Laien berücksichtigen sollten, sind unter anderem akute, ganz plötzlich auftretende Beschwerden, Lähmungserscheinungen und starke Blutungen. Zu den lebensbedrohlichen Zuständen zählen Herzstillstand, Schlaganfall, Herzinfarkt, Trauma und Atemversagen. 
Es kommt immer wieder vor, dass sich Patienten auch mit „banaleren“ Leiden wie einem Schnupfen bei der iNA melden: „Das kann zu Verzögerungen bei der Behandlung von wirklich dringenden Notfällen führen“, bedauert das Team. Mittlerweile sind jene Patienten, die ohne Zuweisung in die iNA kommen, sogar die zahlenstärkste Gruppe. Erst danach folgt die Zahl jener, die per Rettung und Hubschrauber ins Spital gebracht werden. Über die Hälfte der Patienten, die in die Notaufnahme kommen, sind keine Notfälle im akutmedizinischen Sinn. Speziell im Bereich Pädiatrie neigt derzeit der Trend zur Nutzung einer Notaufnahme als Ersatz für Versorgungswege im niedergelassenen Bereich. „Natürlich ist es immer auch eine individuelle Selbsteinschätzung, ob man die Notaufnahme aufsucht, und wir sind gerne für die Menschen da“, unterstreicht Matthias Hellmair. „Im Zweifel helfen Hausärzte und das Team der Gesundheitshotline 1450 bei der Entscheidung, wohin man sich im Bedarfsfall wenden soll.“

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