Im Regen

José Saramagos Roman „Die Stadt der Sehenden“ beginnt damit, dass sich Bürger von einem Tag auf den anderen weigern, an einer Wahl teilzunehmen. Die Politiker warten, sind ratlos, suchen Erklärungen. Und sagen sich dann, mit einem Blick aus dem Fenster, dass der Regen daran schuld sei, dass niemand wählen komme. Auf die Idee, dass die Menschen nicht mehr wählen wollen, weil sie den Politikern nicht mehr vertrauen, kommen sie erst gar nicht. Und was will man da sagen? Auch in Österreich regnet es. Viel und häufig. Und was sich da in unserem Land, beginnend mit Ibiza, an Streit und an Skandalen und an gegenseitiger Niedertracht abspielt, das erschüttert das Vertrauen in die Politik derart, dass die Situation nicht nur an Saramago erinnert. Das ist Saramago. Nun sind’s die Älteren ja schon gewohnt, das ist es nicht. Aber dramatisch ist, was das Sora-Institut jüngst erhoben hat: Dass sich mittlerweile nur noch sechs Prozent (!) der 16- bis 26-Jährigen von der Politik gut vertreten sehen. Diese Generation wird kommenden Wahlen in Scharen fernbleiben. Und wir wissen dank Saramago heute schon, wem die Politiker an diesen Tagen dann die Schuld geben werden. Sich selber? Sicher nicht.