Margit Brunner Gohm

Autorin von „Anna und Paul entdecken Vorarlberg“

Alarmglocken

September 2018

Vor einigen Wochen hat sich einer angetragen, uns sein Alarmsystem vorzustellen. Was dann passierte, lag nicht am Verkäufer, der hat sein Produkt kompetent präsentiert.

Allein die Vorstellung, mit einer Alarmanlage unser Daheim zu sichern, machte etwas mit mir, das mir weder gefiel, noch gut tat. Bisher hatte ich mich immer sehr sicher gefühlt. Was könnte eine Alarmanlage daran ändern? Beim Aufwachen deaktivieren. Beim Verlassen des Hauses aktivieren. Beim Nachhausekommen stechen die Alarmlampe und ein Türaufkleber ins Auge. Nach dem Gutenachtkuss die Alarmanlage aktivieren und den Sender griffbereit neben dem Kopfpolster platzieren. Es könnte ja einen (Fehl-)Alarm geben. In der Nacht das Schlafzimmerfenster öffnen: deaktivieren und wieder aktivieren. Obwohl ich bisher keine Angst hatte, jetzt fürchtete ich mich schon bei der Vorstellung, dass sich mein zukünftiger Tagesablauf nur noch um das Alarmsystem drehen könnte.

Wir leben in einem wunderschönen und sicheren Land. Beides hat viel mit Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Solidarität der Menschen untereinander und der Offenheit für Neue und Neues zu tun. Wir stärken das Miteinander und das Zusammenleben in Vielfalt und sozialer Gerechtigkeit für alle. Dafür müssten sich auch Politikerinnen und Politiker einsetzen. Derzeit, so mein Eindruck, schüren sie stattdessen Ängste und rauben uns mit ihren „Alarmanlagen“ (zum Beispiel eigene Klassen für nicht deutschsprachige Kinder; Abschiebepolitik bei beruflich Integrierten, dafür Zwölf-Stunden-Arbeitstage für alle; sparen bei Opfern von Gewalt) die Zeit zum eigenständigen Denken und Fühlen. Freiheit, Sicherheit und Solidarität wachsen aber nicht auf dem Boden von Abhängigkeit, Angst und Ausgrenzung.