Sarah Bard

 Geschäftsführerin femail Fraueninformationszentrum Vorarlberg

Die Gesellschaft und die Gewalt an Frauen

September 2021

Er hat mir immer eingeredet, dass ich nichts kann und nicht mal nach Hause finde und deswegen nicht rausgehen kann.“ Aussagen wie diese klingen zunächst unfassbar. Und doch sind sie weit verbreitet. Gut 40 Prozent aller Frauen sind von Abwertung oder anderen Formen psychischer Gewalt betroffen, was Studien sowohl in Europa, Österreich als auch hier in Vorarlberg zeigen. Damit ist psychische Gewalt die Gewaltform, die Frauen am häufigsten trifft. Nicht nur in der Partnerschaft, auch im sozialen Umfeld oder in der Öffentlichkeit erleben Frauen Erniedrigung, werden lächerlich gemacht oder gar kontrolliert oder bedroht. In der Gesellschaft wird über psychische Gewalt kaum gesprochen. Jedoch steht sie häufig am Beginn der Gewaltspirale und kann Ausgangspunkt für weitere Gewaltformen sein und bis zu den sich kürzlich häufenden Femiziden reichen.

Gewalt an Frauen hat auch gesellschaftliche Zusammenhänge. Was können wir tun? 

Neben Hilfsangeboten für Betroffene durch professionelle Einrichtungen braucht es eine aufgeklärte Gesellschaft, die keine Form der Gewalt toleriert. Darüber hinaus gilt es, gesellschaftliche Strukturen aufzulösen, die Gewalt an Frauen begünstigen. Machtgefälle zwischen Frauen und Männern, die auf vielen Ebenen noch immer bestehen, müssen abgeschafft werden. Diese bringen Abhängigkeiten mit sich und drücken sich häufig durch (psychische) Gewalt aus. Die Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen wirkt diesen gesellschaftlichen Ursprüngen von Gewalt entgegen. Dazu gehört unter anderem eine gerechte Aufteilung der unbezahlten Care-Arbeit und der beruflichen Chancen, das Abschaffen des Pay-Gaps und der daraus resultierenden Altersarmut von Frauen. Wir alle können Gewalt an Frauen vorbeugen, indem wir uns für ihre Gleichstellung einsetzen.