Andreas Prenn

Leiter SUPRO –  Gesundheitsförderung und Prävention

Die vergessene Jugend

Mai 2022

In der Pubertät müssen Jugendliche eine Vielzahl an herausfordernden Entwicklungsaufgaben meistern. Neben der Bewältigung der körperlichen Entwicklung, gilt es sich vom Elternhaus abzulösen, die eigene Schul- und Berufskarriere zu planen und zu entscheiden, Freundschaften und sexuelle Beziehungen aufzubauen, ein eigenes Werte- und Normensystem und selbstständige Konsummuster zu entwickeln. Die Covid-19-Pandemie hat viele Jugendliche in diesen – für die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit – notwendigen Entwicklungsschritten beeinträchtigt. Die gewohnte Tagesstruktur ging verloren, Freizeitbeschäftigungen wie Sport, Vereine, Ausgehen und Freunde treffen waren nur bedingt möglich. Viele Bildungs- und Berufsentscheidungen mussten getroffen werden, ohne ausreichend Möglichkeiten sich „vor Ort“ zu informieren oder zu „schnuppern“.
Gleichzeitig waren digitale Medien omnipräsent. Die tägliche Nutzungsdauer von Smartphones und anderen digitalen Geräten ist gestiegen, Computerspiele wurden zum wichtigsten Zeitvertreib.
Mehrere wissenschaftliche Studien kommen zum Ergebnis, dass die pandemiebedingten psychischen Belastungen für viele Kinder und Jugendliche enorm sind. Depressive Symptome, Ängste, Schlafstörungen sind die Folge. Dies wiederum resultiert nicht selten in einem problematischen Konsum von Alkohol, Cannabis und anderen psychoaktiven Substanzen – insbesondere Benzodiazepine (Schlaf- und Beruhigungsmedikamente, Angstlöser). Bei Mädchen nehmen Essstörungen überproportional zu.
Was Kinder und Jugendliche jetzt vor allem brauchen, ist Verständnis für ihre mitunter nicht einfache Situation. Es liegt an uns Erwachsenen, aber vor allem an der Politik, ihnen das notwendige Maß an Sicherheit und Halt zu geben, damit ihr Grundvertrauen wieder steigt, sie wieder Sinn und Perspektiven erkennen.