Oliver Ruhm

Zeughaus Design

Eindeutig autosozialisiert

März 2020

Viele Bilder gibt’s nicht von mir als Kind. Der Film kostete schließlich, auf einer Rolle tummelten sich nicht selten Oster- und Weihnachtserinnerungen. Eines zeigt einen pummeligen kleinen Bub beim Autowaschen. Mit Eimer, Eifer und Elan kam damals Ehnis Auto dran. Der hatte einen Ford Capri, und ich erinnere mich gut an unsere Ausfahrten im Montafon. 
Papa verdiente sein Geld als Kraftfahrer. Zuerst Taxi-, später dann Fernfahrer. Vom Capri stieg ich also um in den Scania-Sattelschlepper, klares Upgrade. Aber das war dann nicht so, wie man sich ein Vater-Sohn-Roadmovie vorstellt. Hof an der Saale im Winter zum Beispiel. Zwei Meter fünfzig Schnee, bergauf, bergab. „Wenn er zu rutschen anfängt, gibst immer Gas, nie bremsen“, hab ich gelernt. Und immer dabei: Autobahn, Jonny Hill, CB-Funk. Dosengulasch vom Gaskocher. Viele Kindheitserinnerungen sind fest mit dem Auto verdrahtet. Dauerplus, sozusagen. Mit 18 kaufte ich mir mit meinem ersten selbstverdienten Geld (zwei Monate Briefträger) ein ... Fahrrad. Ein gelbes Mountainbike. Nicht von der Stange, sondern vom BikeWorks, maßgeschneidert. 2011 begann ich, mit einem Freund, selbst Räder zu bauen. Beruflich haben wir im Zeughaus viel mit neuer Mobilität zu tun. Ich bin täglich im Sattel. Und trotzdem: Autos sind geil. Ich bleib fix angeschnallt. Die Übergangsgeneration?
Meine Kinder helfen mir auch beim Waschen unseres Familien-Kombis und fahren auch gern mal mit meinem alten Porsche mit. Und doch, ich frag mich, ob sie in zehn beziehungsweise 14 Jahren den Schein überhaupt noch brauchen. Ob sie sich ein Lastenrad kaufen oder einen E-Scooter. Oder ein Maximo-Ticket, das Mobilität jeder Art on demand beinhaltet. Und wenn ich dann wieder eine Autozeitung heimbringe, rollen sie mit den Augen und denken sich: Der Papa ist soooo oldschool.