Peter Bußjäger

Verfassungs- und Verwaltungsjurist

Formvorschriften

Oktober 2019

Der Freispruch der wegen Verstößen gegen das Wahlgesetz angeklagten Beamten der Bezirkshauptmannschaft Bregenz ist eine gewaltige Klatsche für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA). Volle drei Jahre ermittelte die in Wien angesiedelte Spezialeinheit, bis sie eine wacklige Anklage gegen die Beamten erstellt hatte. Das Gericht benötigte dagegen nur wenige Wochen für einen Freispruch. 
Möglicherweise hat die WKSTA nicht verstanden, dass es einen Unterschied macht, ob der Verfassungsgerichtshof eine Wahl wegen Formfehlern aufhebt oder ob dieser Formfehler auch eine strafbare Handlung darstellt. Wenn die WKSTA in Zukunft jeden Bürgermeister und jedes Verwaltungsorgan anklagen will, der Formvorschriften verletzt, ohne dass öffentliche Interessen verletzt oder Private geschädigt werden, bekommt sie viel zu tun.
Die Angelegenheit ist jedoch, ganz abgesehen davon, dass die WKSTA den Freispruch womöglich bekämpft, nicht ausgestanden: Die Republik Österreich hat eine Organhaftungsklage gegen zahlreiche Mitglieder von Wahlkommissionen in der Höhe von 36.000 Euro pro Person eingebracht. Dabei handelt es sich um Beamte, die weder eine Wahl manipuliert noch die Auszählung sonst in irgendeiner Weise beeinflusst haben. Sie haben allenfalls Rechtsvorschriften missachtet, um schneller ein Ergebnis liefern zu können.
Das Innenministerium selbst kommt übrigens ungeschoren davon. Keine Anklage, keine Organhaftung. Obwohl sich die Beamten dort nicht darum geschert haben, dass ihre Vorschriften kaum vollzogen werden konnten und sie Gesetzes­änderungen ablehnten, obwohl ihnen der Druck der Wahlbehörden, bei der Auszählung möglichst schnell zu sein, bekannt war. Das ist der Vorteil jener, die nur Vorschriften erlassen müssen, die andere zu vollziehen haben.