Geht gar nicht
Im Schatten von Corona beantwortete Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im März erst eine parlamentarische Anfrage der SPÖ, dann der Grünen zum selben Sachverhalt. Beide Parteien hatten von ihm Auskunft über die Zahl rechtsextremer Straftaten in Österreich im Jahr 2019 eingefordert. Sie stiegen im Vergleich zu 2018 um 8,8 Prozent. Im selben Zeitraum gab es auch ein Mehr von 18 Prozent an Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Mit diesem wurden 1945 die NSDAP und ihre Gliederungen sowie eine Tätigkeit für sie verboten. Die Anzeigen wegen NS-Wiederbetätigung steigen seit 2006 kontinuierlich. Diese Entwicklung konnte auch die von vielen gelobte Bundesregierung aus Verwaltungsexpert*innen 2019 nicht aufhalten. Das ist eine Schlussfolgerung aus der Anfragebeantwortung.
Grüne und SPÖ ziehen weitere und fordern mehr staatliche Maßnahmen gegen Verhetzung im Internet, mehr Gerichtsverhandlungen und Verurteilungen, mehr Personal beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sowie einen jährlichen Rechtsextremismus-Bericht.
Tatsächlich helfen wird ein Mehr an Prävention. Sicherlich helfen wird ein Mehr an Aufmerksamkeit, wohin die Gesellschaft als Ganzes politisch rückt. Denn im Schatten von Corona publiziert eine Vorarlberger Wochenzeitung am zweiten Maisonntag ein Interview mit dem Mitglied der Geschäftsführung eines großen Sozialvereins, in dem dieser festhält, dass es eine gemeinsame Schnittmenge von Links und Rechts beim Schutz von Menschenrechten gebe; und in einer Vorarlberger Kulturzeitschrift werden im März zwei Biographien von NS-Opfern mit dem Resümee einander gegenübergestellt, dass jenes Opfer, welches sieben Jahre KZ-Haft überlebte, privilegiert war, da es im Unterschied zum anderen nicht geköpft worden war. Geht das?