Michael Rauch

geb. 1961, Kinder- und Jugendanwalt seit 2002, zwei erwachsene Kinder

(Foto: © Marcel Hagen)

Kinder brauchen Liebe und …

Mai 2015

Es ist modern geworden, von Kinder- oder Familienfreundlichkeit zu sprechen und Förderung sowie Unterstützung vermehrt als gewinnbringende Investitionen zu bezeichnen – ganz so, als würde die demografische Entwicklung und der damit bald einhergehende Fachkräftemangel auch bei Familien die Marktgesetze von Angebot und Nachfrage in Kraft treten lassen. Auf die Diskussion, wie beispielsweise Bildung und Kinderbetreuung zu organisieren sind, wird auch vonseiten der Wirtschaft in zunehmendem Maße Einfluss zu nehmen versucht. Kinder werden als „Ressource“ gesehen, als „unsere Zukunft“, und absichtsloses Spielen wird durch frühkindliche Bildung verdrängt – als sei in Vergessenheit geraten, dass das kindliche Spiel als Selbsterfahrungsfeld und Bildungsmittelpunkt für Kinder zu gelten hat. Dabei gilt es, die Aufmerksamkeit darauf zu richten, dass Kinder heute unglaublich viel Stress haben – hier und jetzt sein zu dürfen, das vermissen Kinder. Ein wenige Monate alter Bericht von UNICEF zeigt, dass in den reichsten Ländern der Welt seit 2008 2,6 Millionen Kinder unter die Armutsgrenze gefallen sind. Die sozialen Sicherheitsnetze zum Schutz der Kinder in schlechten Zeiten sind löchrig geworden, die Vermeidung und Beseitigung von Kinderarmut wird auch in sogenannten reichen Ländern nicht vorrangig bearbeitet. So hat sich beispielsweise in Deutschland der Anteil der Kinder in Familien, die Sozialhilfe oder Hartz IV beziehen, versechzehnfacht – von jedem 75. Kind auf jedes fünfte Kind. Es ist paradox, dass zwar weniger Kinder geboren werden, aber sich deren Rahmenbedingungen für das Aufwachsen, insbesondere auch die wirtschaftlichen, trotzdem verschlechtern. Da könnte man doch glatt ein bisschen polemisch werden und sich fragen, warum die Parteienförderung jährlich an die Inflation angepasst wird – nicht aber die Familienbeihilfe.