Christof Thöny

Kulturlandschaft im Wandel

Dezember 2020

Landläufig wird mit dem Begriff Kulturlandschaft eine dauerhaft von Menschen geprägte Landschaft beschrieben – im Gegensatz zur Naturlandschaft, die jedoch in unseren Breiten sehr selten geworden ist. In den ländlichen Regionen verstehen wir darunter meist die von Bäuerinnen und Bauern kultivierten Gebiete. Deren Tätigkeitsbereich umfasste weite Bereiche vom Talboden bis zu alpinen Regionen, in denen Alpwirtschaft und Bergmahd betrieben wurde. Heute müssen wir den Begriff natürlich weiter fassen, auch touristisch gestaltete Landschaft kann Kulturlandschaft sein. Nach dem Graubündner Architekten Gion Caminada verlangt der Begriff jedoch nach einer gewissen Qualität, sonst erübrigt er sich.
Mein Interesse gilt derzeit (und immer wiederkehrend in unterschiedlicher Ausprägung) den historisch gewachsenen Strukturen der bäuerlichen Kulturlandschaft. Sichtbare Zeugnisse einer Welt, die noch für meine Großeltern selbstverständlich war, sind Maisäße, Ställe und Heubargen. Die Landwirtschaft hat sich aus diesen Gebäuden größtenteils zurückgezogen, und viele von ihnen sind durch den Strukturwandel der vergangenen Jahrzehnte unwiederbringlich verloren gegangen.
Für mich sind die alten Ställe aber mehr als nur Reste einer Welt früherer Generationen. Sie sind bis heute reizvolle Elemente der Kulturlandschaft und nicht zuletzt deshalb auch Motive der Tourismuswerbung. Meist gehören sie zu Magerwiesen, die einen wichtigen Beitrag für die ökologische Vielfalt leisten. Deshalb sollten wir sie nicht aus den Augen verlieren und auch im offenen Raum die landschaftliche Vielfalt erhalten. Dazu gehört eine umfassende Kenntnis der gewachsenen Strukturen, denn nur so können wir verstehen, wie unsere Landschaft zu dem geworden ist, was sie heute ist.