Christoph Schindegger

Direktor der Kathi-Lampert-Schule für Sozialbetreuungsberufe in Götzis 

Von guten Erfahrungen in schlechten Zeiten

November 2020

Als Leiter einer Schule für Erwachsene mache ich in dieser Krise wertvolle Erfahrungen, auch wenn mir lieber wäre, ich müsste sie nicht auf so schmerzliche Weise erleben.
››    Welche der vielen Dienstleistungen, die wir planen und erbringen, haben nicht Priorität 1 und können – zumindest bis auf Weiteres – abgesagt werden?
››    Welche Annahmen, unter denen wir in normalen Zeiten arbeiten, stimmen wirklich? Begrenzen uns bestimmte Annahmen nicht viel mehr, weil sie uns von vornherein auf das Altbewährte festlegen?
››    Wie viel Platz brauche ich als Lehrender? Wie viel Platz brauchen Studierende mindestens, damit sie an ihrem Arbeitsplatz sicher sein können, sich nicht anzustecken?
››    Wie viel Verantwortung für die Gesundheit habe ich als Leiter einer Schule für Erwachsene? Wie viel Eigenverantwortung haben die Studierenden?
››    Welche sozialen Formen finden wir, um Begrüßung, Abschied, Nähe und Distanz in Coronazeiten auszudrücken?
››    Wie viel Grundspannung ist zu spüren, die ich und andere in jede Situation schon mitbringen? 
››    Wie vorsichtig gehen wir miteinander um, wenn der allgemeine Druck und die Belastung für alle erheblich größer sind?
››    Welche Copingstrategien entwickeln meine Organisation und ich, um mit dem Druck in diesen Zeiten besser umzugehen?
Ich habe diese Erfahrungen in Fragen formuliert, weil ich noch nicht auf alle eine Antwort weiß, und auch deshalb, weil es nicht eine richtige Antwort auf diese Fragen gibt. Fragen eröffnen neue Denk- und Spielräume. Genau das ist es, was es in dieser freiheitsbeschränkenden Zeit braucht: mehr Denkspielraum, gerade weil der Handlungsspielraum momentan stark eingeschränkt ist.