Sabine Barbisch

Bertram Batlogg: Physiker von internationalem Format

September 2017

Die Natur und wie ihre Kräfte eingesetzt werden können, das Experimentieren und Analysieren – das fasziniert Bertram Batlogg an seiner großen Leidenschaft, der Wissenschaft. Wie sich die Arbeit eines international renommierten Physikers gestaltet und warum kein Tag dem anderen gleicht, erklärt er in „Thema Vorarlberg“.

Die Neugierde an der Natur, was sie zusammenhält, antreibt und wie wir die Naturkräfte zu unserem Nutzen verstehen und einsetzen können, das hat mich schon immer fasziniert“, erklärt Bertram Batlogg, Professor an der ETH Zürich. Ob die Insekten und Würmer im Garten, die ihn schon als Kind in den Bann zogen, das Bauen von Modellflugzeugen und Raketen oder später das Experimentieren im Physiklabor – die Fähigkeit, aufmerksam zu Beobachten und zu Analysieren, zieht sich durch das ganze Leben des renommierten Wissenschaftlers. „Ein geschickt geplantes Experiment kann auf wichtige Fragen entscheidende Antworten geben; besser noch, uns mit unerwarteten Resultaten überraschen und neue Kapitel eröffnen“, präzisiert er. Nachdem er sein Physikstudium an der ETH Zürich absolviert hatte, machte sich der in Lorüns und Bludenz Aufgewachsene auf den Weg in die USA: Als Forscher hat Batlogg ab 1979 wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse in den „Bell Laboratories“ in New Jersey im Forschungsbereich Physikalische Wissenschaften gesammelt. „Aus dem ursprünglich geplanten Jahr sind mehr als zwei Jahrzehnte in den USA geworden. Die einmalige berufliche Umgebung bei den ,Bell Labs’ und auch die angenehmen Lebensumstände für unsere junge Familie in New Jersey an der Ostküste in der Nähe von New York City waren ausschlaggebend dafür.“ Er leistete dort wichtige wissenschaftliche Beiträge auf dem Gebiet der Supraleitung und berichtet von einer einzigartig offenen und unterstützenden Arbeitsumgebung, die ihn speziell als jungen Forscher aus Europa begeisterte: „Am Mittagstisch wurden die neuesten Messergebnisse ausgetauscht, beim Nachmittagstee diskutierten wir mit den führenden Wissenschaftlern – darunter Nobelpreisträger – über Physik und die Bürotüren standen generell offen.“

Diese grundsätzlich offene Haltung beschreibt bis jetzt Batloggs berufliches Selbstverständnis: „Als Physiker arbeite ich nicht nur in unseren eigenen Labors, sondern bin Teil einer weltumspannenden Gemeinschaft, die sich regelmäßig auf internationalen Konferenzen austauscht.“ Diese Reisen sind aus beruflicher Sicht wichtig, bringen ihm aber auch viele unterschiedliche Kulturen näher und haben ihm auf der ganzen Welt bleibende Freundschaften beschert. Neben seiner Tätigkeit bei den „Bell Laboratories“ war er von 1990 bis 1996 auch einer der Direktoren des Konsortiums für Superconducting Electronics, einer Forschungs- und Entwicklungs-Partnerschaft von mehreren führenden industriellen und akademischen Institutionen der USA. Nach 21 Jahren in Amerika kehrte Batlogg 2000 als ordentlicher Professor für Festkörperphysik an seine Ausbildungsstätte, die ETH Zürich, zurück. Gemeinhin versteht man unter dieser Tätigkeit allem voran das Lehren und Forschen. In der Realität sei es aber „vielmehr eine faszinierende, diverse und nie endende Aufgabe, die einen Tag und Nacht beschäftigt, vergleichbar vielleicht mit dem Führen eines Kleinunternehmens. Lehre bedeutet das Konzipieren und Ausarbeiten von neuen Vorlesungen, das Vorbereiten und Durchführen von Übungen und Prüfungen, und das Betreuen von Studierenden hin bis zum Doktoratsabschluss.“ Ebenso müssen Forschungsthemen formuliert und die notwendigen Mittel in einem sehr kompetitiven Umfeld durch Forschungsanträge eingeworben werden, um Mitarbeitende und Gerätschaften finanzieren zu können. Dazu kommen die vielfältigen Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung mit Sitzungen und Berichteschreiben. Für den wissenschaftlichen Erfolg sind laut dem renommierten Physiker die täglichen Gespräche innerhalb der Forschergruppe wichtig ebenso wie spontane und informelle Laborbesuche und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kollegen. Damit die Forschungserfolge in Fachjournalen publiziert werden können, feilen Top-Forscher wie Batlogg wochenlang an ihren Artikeln und aussagekräftigen Graphen, um im anonymen Begutachtungsprozess zu bestehen. „Umgekehrt verbringt man viele Stunden und auch Tage, um die von anderen Physikern eingereichten Manuskripte oder auch Forschungsanträge fair und konstruktiv zu begutachten. So gleicht keiner meiner Arbeitstage dem anderen, mit der kleinen Einschränkung, dass sie alle sehr früh anfangen und viel zu spät enden“, fasst er schmunzelnd zusammen.

Als Ausgleich zu seiner engagierten Lehre und Forschungsarbeit ist Batlogg mit seiner Frau gerne in den Bergen unterwegs: „Seit wir Kinder haben, ist es aber nicht mehr das Felsklettern, sondern vielmehr das Weitwandern und Radfahren. Im Winter begeistert uns das Skifahren – früher in den Rocky Mountains, heute wieder im Ländle, wo wir’s gelernt haben.“ So hat er über die Jahrzehnte auch engen Kontakt mit Familie und Freunden in Vorarlberg gepflegt, in seiner Rolle als Wissenschaftler aber auch die Entwicklung der Fachhochschule in Dornbirn wesentlich mitgeprägt. „Unsere Kinder haben wiederholt wochenlang die Volksschule in Bludenz besucht sowie in den USA an Samstagen eine Deutschschule, wo sie ordentliches Deutsch lernten.“ Zusammen mit dem Vorarlberger Dialekt der Eltern und dem Englischen vom Alltagsleben außerhalb des Hauses ergaben sich somit „dreisprachige“ Unterhaltungen in der Familie Batlogg. „Und das hat sich bis heute erhalten, einschließlich der Akzente“, meint Batlogg mit Augenzwinkern.

Lebenslauf
Bertram Batlogg ist in Lorüns und Bludenz aufgewachsen und hat nach dem Gymnasium in Bludenz sein Physikstudium an der ETH Zürich absolviert. Von 1979 bis 2000 war er bei den „Bell Laboratories“ in den USA auf dem Gebiet der Festkörperphysik tätig. Seither ist er als Professor an der ETH Zürich in Lehre und Forschung aktiv und befindet sich aktuell im Umstieg in die Emeritierung. Batlogg hat zahlreiche internationale Auszeichnungen für seine wissenschaftlichen Leistungen erhalten und wurde 2004 auch mit dem Wissenschaftspreis des Landes Vorarlberg ausgezeichnet.

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