Peter Freiberger

Frau Olga Lopez traut man besser nicht

September 2016

Von: mrsanna_johnson2008@yahoo.co.jp
Im Auftrag von Olga Lopez
Gesendet: Freitag, 05. August 2016 13:02
Betreff: Investitionsangebot
Mein Name ist Frau Olga Lopez aus der Budesrepublik der Congo. Ich habe die Summe von USD 12.6 Millionen von meinem verstorbenen Ehemann geerbt. Und das Geld ist momentan in der Sicherheitfirma fuer sicheres Behalten. Nun, mochte ich das Geld in Ihrem Land per Ihre Hilfe anlegen weil, es bei uns immer noch politische Unruehe gibt.

Wenn sich „Frau Lopez“ mit einem solchen E-Mail meldet, dann sollten beim Empfänger die Alarmglocken schrillen. Denn hinter der vermeintlichen Frau Lopez steckt eine internationale Betrügerbande. Dies scheint zwar offensichtlich zu sein, dennoch fallen wöchentlich mindestens ein bis zwei Vorarlberger auf solche und ähnliche Massen-Mails herein. Die Polizei geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.

„Vorschussbetrug“ heißt die kriminologische Bezeichnung für Mails, die falsche Tatsachen vortäuschen und potenzielle Opfer dazu bringen sollen, nach und nach Geldbeträge zu überweisen. Es werden beispielsweise Anteile an Erbschaften, Lottogewinne oder satte Provisionen im Zuge diverser Geschäfte versprochen. Oder der Absender benötigt angeblich Geld, um Tieren zu helfen, die sonst getötet würden. „Die Fantasie der Gauner kennt in dem Zusammenhang keine Grenzen“, weiß Harald Longhi, Cybercrime-Experte im Landeskriminalamt Vorarlberg.

Die Versprechungen klingen auf den ersten Blick dermaßen verlockend, dass die Falle laufend zuschnappt. Früher stand in erster Linie die sogenannte Nigeria Connection – diverse kriminelle Banden in dem afrikanischen Land – hinter den Vorschussbetrügereien, die vor Beginn des elektronischen Zeitalters mittels Briefen über die kriminelle Bühne gingen. „Heute handelt es sich um ein weltweites Phänomen mit dem Schwerpunkt in Afrika, Asien und Russland“, sagt Harald Longhi.

Riesige Schadenssummen

Wer einmal auf ein solches Mail antwortet, kommt fast nicht mehr unbeschadet aus den Fängen der Verbrecher heraus. Einfachen Leuten passiert dies genauso wie gebildeten Personen. Die geforderten Beträge werden laufend größer, in Vorarlberg sind hohe fünfstellige Euro-Beträge als Schadenssummen dokumentiert.

Die Chance, verlorenes Geld wiederzubekommen, ist laut Longhi gleich null. „Nigeria beispielsweise verfügt über kein Polizeisystem nach westeuropäischen Standards, die großen Internetfirmen wie Google und Yahoo, die E-Mail-Adressen vergeben, verweigern Auskünfte über die Personen dahinter. Außerdem gilt Vorschussbetrug in den USA nicht unbedingt als Straftatbestand. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass normal intelligente Menschen solchen Räubergeschichten nicht aufsitzen würden.“ Weit gefehlt …

Naivität, Geldgier, Neugierde, Unvernunft oder schlicht und ergreifend eine finanzielle Notsituation – und schon kann man in den Fängen der Nigeria Connection stecken. Jene Vorarlberger Geschäftsfrau, die – damals in Schilling – einen zweistelligen Millionenbetrag verlor, trieben finanzielle Schwierigkeiten ins – noch größere – finanzielle Desaster. Letztlich ging sogar ihr Unternehmen pleite.

Die Dreistigkeit, mit der die Betrüger damals vorgingen, lässt sich kaum überbieten. Die Frau war extra nach Nigeria geflogen, um in einer Bank persönlich einen großen Geldbetrag einzuzahlen. Der hätte sich vermehren sollen. So lautete jedenfalls das Versprechen der Gauner.

Wieder daheim, wartete die Frau auf die Geldvermehrung. Freilich – sie hörte viele Wochen nichts von den „Geschäftspartnern“ und wurde zunehmend misstrauisch. Folglich reiste sie erneut nach Afrika, um direkt vor Ort nach dem Rechten zu sehen. Staunen und Entsetzen hätten dort aber nicht größer sein können: Die Bank gab es in Wirklichkeit gar nicht – die Gauner hatten Filmkulissen aufgebaut, die ein Geldinstitut vortäuschten. Die wirtschaftlichen Folgen für das Opfer sind bekannt. Die Beamten im Landeskriminalamt hatten keine Chance, die Täter zu überführen und der Dame das Geld wiederzubeschaffen.

In einem anderen Fall hingegen konnten die Kriminalisten einen Erfolg verbuchen – den allerdings das Opfer zunichte machte. Ein heimisches Geldinstitut hatte einen Geldwäscheverdacht gemeldet, nachdem ein Vorarlberger einen großen Betrag ins Ausland überwiesen hatte. Der Polizei gelang es, die 40.000 Euro sicherzustellen. Longhi: „Wir informierten den Mann und klärten ihn auf, dass er Betrügern auf den Leim gegangen war.“ Der nahm diese Tatsache jedoch nicht wirklich zur Kenntnis.

Rund 14 Tage später läutete im Landeskriminalamt neuerlich der Geldwäschealarm. Der Vorarlberger hatte die 40.000 Euro ein zweites Mal überwiesen – diesmal bei einer anderen Bank. Manchen Menschen kann man offenbar wirklich nicht helfen …

Love bzw. Romance Scam

Eine spezielle Facette des Vorschussbetrugs stellt der sogenannte Love bzw. Romance Scam dar. Dabei handelt es sich um eine wohl noch perfidere Betrugsmasche, die den Opfern nicht nur die Geldtaschen leert, sondern sie zudem auf der emotionalen Ebene rücksichtslos trifft.

„Scam“ heißt frei aus dem Englischen übersetzt „Beschiss“. Und darum handelt es sich bei diesem fiesen Trick ohne Wenn und Aber. Ein Love Scam geht in der Regel auf kostenlosen Online-Dating-Börsen oder neuerdings via soziale Netzwerke über die kriminelle Bühne. Harald Longhi erzählt von einem besonders dreisten Fall, bei dem ein angeblicher amerikanischer Soldat, der im Irak gedient hatte, mit einer Vorarlbergerin Kontakt aufnahm. Das Bild von sich, das er ihr schickte, war überzeugend. Das Verhängnis nahm seinen Lauf.

Die beiden schrieben sich gegenseitig Nachrichten, irgendwann erzählte der „Amerikaner“, dass er Geld für die Behandlung seiner kranken Mutter benötige. Die Vorarlbergerin fiel – wohl von den Emotionen geleitet – herein. Immerhin hatten die zwei ja bereits eine gemeinsame Zukunft besprochen. Das Resultat: Rund 40.000 Euro flossen aus Vorarlberg zum vermeintlichen Irak-Veteranen.

Die Kriminalisten überprüften das Bild, das der Mann der Vorarlbergerin geschickt hatte, und staunten nicht schlecht: Es zeigte einen Fünf-Sterne-General der US-Armee. Die Gauner hatten das Foto gestohlen. An die Täter kamen die Beamten – wie meist in solchen Fällen – nicht heran. Und das Geld, das die Dame ursprünglich für die Renovierung einer Wohnung gespart hatte, blieb verloren.

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