Sabine Barbisch

Nikolaj Haller und die Gabe des Kochens

Februar 2024

Über einen jungen Mann aus Mellau, der sich als privater Koch und Gastronom in die höchsten Kreise Londons kocht. Warum er das Kochen als wunderbare Gabe empfindet und welche Speisen seine britischen Freunde bevorzugen, erzählt Nikolaj Haller im Gespräch mit „Thema Vorarlberg“.

Für Nikolaj Haller hat mit dem neuen Jahr auch das 13. begonnen, das er in Großbritannien verbringt. Fährt er zurück in seine Heimat nach Mellau, ist es, als wäre er nie weg gewesen, der Wälder Dialekt geht ihm leicht von den Lippen, auch wenn er manchmal überlegen muss, wie der passende Ausdruck lautet. 2011, nach einem erfolgreichen Lehrabschluss als Koch im Hotel Engel in Mellau und nach einigen Monaten im Adler in Schwarzenberg, wollte Nikolaj Haller vor allem eines: Raus in die Welt!
Er hatte zwei Jobangebote für die USA, doch ein fehlendes Visum verhinderte die Reise. London war als alternative Destination schnell gefunden und der junge Koch reiste ab. Offiziell mit Job und Wohnung, „aber eigentlich hatte ich noch keine Zusage“, erzählt der Mellauer. „Aber innerhalb von einer Woche habe ich mein neues Leben in London inklusive Wohnmöglichkeit und Arbeit organisiert.“
Dort arbeitete er in einem französischen Lokal in der Patisserie. „Neben dem Kochen war das schon immer eine meiner Leidenschaften.“ Nach einem Jahr in der britischen Metropole ging es für den heute 30-Jährigen aber wieder zurück in den Bregenzerwald: „Ich leistete meinen Zivildienst im Sozialzentrum in Bezau ab und kochte nebenbei bei meinem ehemaligen Arbeitgeber in Schwarzenberg, Spitzenkoch Engelbert Kaufmann war mein Mentor.“ Die Rückkehr nach Großbritannien stand für den jungen Mann trotzdem fest: „Ich habe mich in London seit dem ersten Tag wohlgefühlt. Vor allem wegen der Haltung, dass jeder akzeptiert ist und alles möglich ist. Im Bregenzerwald habe ich das leider nicht so empfunden, das konnte ich aber hinter mir lassen. Diese Offenheit ist ein sehr wichtiger Wert für mich geworden.“ 
Der Mellauer arbeitete in verschiedenen Restaurants als Koch, später wechselte er auch in den Service, managte ein Lokal, erste Events kamen dazu.
Vor sechs Jahren war es ein Treffen mit Susanne Kaufmann, das der Karriere des Wahl-Briten nochmal eine Wendung gab: „Sie kommt aus einer Bezauer Hoteliersfamilie und hat – inspiriert von Kräutern und Pflanzen – vor rund 20 Jahren eine Hautpflegemarke gegründet, die Kundinnen auf der ganzen Welt begeistert. Sie bot mir einen Job an und ich landete damit ganz unverhofft in der Kosmetikbranche.“ Über vier Jahre bereiste der Bregenzerwälder fortan für die Kosmetikmarke aus seiner Heimat die Welt. Er führte den Department Store von Susanne Kaufmann im „Liberty“, einem exklusiven Kaufhaus in London, übernahm später alle Departments in Großbritannien und reiste als Brand & Retail Training Manager regelmäßig nach Asien und in die USA. Mit der Covid-Pandemie, die ab 2020 die Welt in Atem hielt, ging von all dem nichts mehr. 
Nikolaj Haller aber sagt, er habe sich in dieser außergewöhnlichen Zeit selbst gefunden.
Privatkoch für alle Fälle
Ein wichtiger Teil dieses Prozesses war die Rückkehr zu seiner ursprünglichen Passion: Der Mellauer machte sich unter dem Namen „haller’s social dining table – private chef & events“ als Privatkoch selbstständig. Der Jungunternehmer hat sich persönlich und beruflich stetig weiterentwickelt: er kocht mit Herzblut, sucht außergewöhnliche Locations, pflegt sein großes Netzwerk, erstellt Menü- und Ablaufpläne für private Dinnerabende oder große Feierlichkeiten, er organisiert und instruiert die Mitarbeitenden und hat neuerdings eine eigene kleine Kosmetiklinie etabliert.
Von der Stange kommt bei ihm nichts, wie der Unternehmer erklärt: „Das Konzept und Design wird für jeden Kunden neu erdacht.“ Dieser hohe Anspruch nimmt viel Zeit in Anspruch: „Ich veranstalte solche Abende im Schnitt zwei bis drei Mal in der Woche, da kommt einiges an Arbeit zusammen, denn jedes Event ist individuell auf die Kundenwünsche angepasst.“ 
Auch spezielle Anlässe richtet er gerne aus. „Aber an bestimmten Tagen arbeite ich nicht, so sind die Weihnachtsfeiertage für meine Familie und meine Freunde im Bregenzerwald reserviert.“ Insgesamt hat ihn seine Kindheit und Jugend dort sehr geprägt, besonders seiner Mama ist er dankbar für ein unbeschwertes Aufwachsen, das Spielen in und mit der Natur. „Das war wunderschön, aber ich wollte immer schon weit weg gehen“, erinnert sich Nikolaj Haller zurück. 

Die Gabe des Kochens
Auch seine ersten kulinarischen Erfahrungen sind mit dem Bregenzerwald verbunden: „Das Kochen ist in meiner Familie ein fester Bestandteil der Kultur, viele haben etwas mit Essen zu tun, sind oder waren Köchinnen oder Metzger. Diese Verbundenheit hat mir immer schon gefallen. Deshalb schätze ich es, Koch zu sein. Das ist ein toller Beruf. Ich empfinde es als wunderbare Gabe, kochen zu können und mir Wissen über Zutaten anzueignen.“
Davon profitieren Hallers Kundinnen, die „in einer anderen Liga spielen“, das sei mitunter „beeindruckend, aber auch amüsant. Zu mir kommen Menschen, die absolut keine Zeit haben, weil sie beruflich viel reisen, die meistens keinen Plan vom Kochen haben, aber gerne Menschen zu sich nach Hause einladen.“ Sein beruflicher Fokus liegt dabei auf London, immer öfter arbeitet er aber auch in den USA. Seine Kundinnen schätzen seine Verschwiegenheit, deshalb können an dieser Stelle keine Namen genannt werden. Und wie finden diese vielbeschäftigen Leute den Privatkoch aus Mellau? „Ich freunde mich gerne mit neuen Menschen an, mir ist aber auch die Pflege meiner Kontakte und Netzwerke wichtig.“ 
An einem perfekten Essen schätzt der passionierte Koch beste Zutaten und eine perfekte Zubereitung, „das Essen soll Freude machen, das möchte ich auch mit meinem Beruf vermitteln“. Seine Küche beschreibt er als sehr vielfältig und inspiriert von den vielen Reisen, die er macht. „Nur meine Freunde in London wünschen sich immer eins – meine Käsknöpfle“, lacht der Privatkoch.

Lebenslauf
Nikolaj Haller, *18. Juli 1993, ist in Mellau aufgewachsen. Dort besuchte er die Volksschule, dann die Hauptschule Bezau und die Polytechnische Schule, bevor er die Lehre zum Koch im Hotel Engel in Mellau absolvierte. Anschließend arbeitete er im Adler in Schwarzenberg. Von dort ging er nach London, machte den Zivildienst aber im Bregenzerwald, und kehrte wieder nach Großbritannien zurück. Sechs Jahre arbeitete er in London in der Gastronomie, die folgenden fünf Jahre (2017 – 2022) bei Susanne Kaufmann. 2022 gründete er mit „haller’s social dining table – private chef & events“ sein eigenes Unternehmen. Mit seinem Partner lebt er in London. 

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