Drohender Zukunfts­verlust und rettende Hoffnung

In seiner Antrittsrede hat unser Bundespräsident vor einem drohenden Zukunftsverlust gewarnt, vor dem, was der französische Philosoph Pierre-André Taguieff „Die Auslöschung der Zukunft“ nennt. Zukunftsverlust und fehlende Hoffnung sind ein Nährboden für apokalyptische Angstmache, Verschwörungstheorien, „falsche Propheten“ und eine große Gefahr für die liberale Demokratie.
„Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen,“ beginnt Ernst Bloch sein „Prinzip Hoffnung“ und nennt das Hoffen eine Arbeit, die „ins Gelingen verliebt ist, statt ins Scheitern“. In Krisenzeiten braucht die politische Arbeit das, was Bloch „Gewissen des Morgen“ und „Parteilichkeit für die Zukunft“ nennt. In der drohenden Ver-Wüstung unserer Demokratie muss Politik den Glauben der Menschen an eine gemeinsame Zukunft stärken. Diesem Ziel sollte vieles untergeordnet werden, auch das traditionelle Bedienen des Boulevards, der den Menschen eher das Fürchten lehrt als das Hoffen. 
Schon vor 50 Jahren hat Hannah Arendt vor PR-Managern in der Regierung gewarnt, „die bei Reklame-Experten in die Lehre gegangen sind“. Und Karl Jaspers warnte vor einer pseudodemokratischen Parteienoligarchie, die nicht auf Bildung und Dialog setzt, sondern auf „Herstellung von Stimmungen, Erfindung einigender, aber nichtssagender Phrasen und geschickte Manipulationen“. 
Demokratie, so Jaspers, ist ein aufklärerischer Prozess. Im Zeitalter der „Infokratie“ (Byung-Chul Han) muss sich eine verantwortungsvolle Demokratiepolitik gegenaufklärerischen, demokratiefeindlichen Kräften entschieden entgegensetzen, das heißt in Bildung, in Dialogfähigkeit investieren und in eine Medienlandschaft, die unsere liberale Demokratie stärkt und vor einer schleichenden Orbanisierung schützt.

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