Cornelia Peter

Fachexpertin in der Abteilung Umwelt- und Klimaschutz der Landesregierung

Warum das Artensterben an die Substanz geht

Juni 2021

Heute sind mehr Arten vom Aussterben bedroht als jemals zuvor. Circa 25 Prozent der Arten der meisten Tier- und Pflanzengruppen, also bis zu 1 Million Arten, sind bereits vom Aussterben bedroht. Dieser Verlust von Biodiversität beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen und somit die Qualität und Quantität der Ökosystemleistungen für uns Menschen.
Das „Globale Assessment“ des Weltbiodiversitätsrates IPBES beschreibt regelmäßig den Zustand der Ökosysteme und ihrer Artenvielfalt. Gut sieht es nicht aus. Experten sprechen vom sechsten globalen Artensterben. Das letzte war das Aussterben der Saurier. Die Treiber dafür sind bekannt: Intensive, nicht nachhaltige Landnutzungen, Bodenverbrauch, Umweltgifte, Zerschneidung, Überfischung usw. Seit dem 19.Jahrhundert steigt der Artenschwund exponentiell. Aufgerüttelt hat erst so richtig die Krefeldstudie. Sie zeigte, dass in Deutschland innerhalb der vergangenen 30 Jahre die Biomasse der Insekten um mehr als 70 Prozent zurückgegangen ist. Das zerstört nicht nur die fein austarierten Gleichgewichte in Ökosystemen, sondern bedroht auch unsere Ernährungssicherheit. 75 Prozent der weltweiten Lebensmittelkulturen sind auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen, und zwar hauptsächlich Insekten. 
Die Zusammenhänge in Ökosystemen sind äußerst komplex, die Verbindungen vom Artensterben zur Gefährdung der Ökosystemleistungen oft schwer durchschaubar und das Bewusstsein für diese Krise – die zweite große Bedrohung neben der Klimaerwärmung – gering. Trotzdem muss das Artensterben unverzüglich gestoppt werden. Es geht um nichts weniger als um unsere Lebensgrundlagen. Neben dem konkreten Schutz der Natur mit ihrer Artenvielfalt ist ein Paradigmenwechsel zu einer globalen Nachhaltigkeit nötig. Beginnen wir damit: jetzt.