Joachim Heinzl

Investitionen als Zugpferd der Wirtschaftsentwicklung

Dezember 2014

Vorarlberg hat sich als Wirtschaftsstandort sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut entwickelt. Statistisch betrachtet erwirtschaftet jeder Einwohner ca. 38.000 Euro an Wertschöpfung pro Jahr, die Wirtschaft ist in den letzten zehn Jahren inflationsbereinigt um 23 Prozent gewachsen. Neben einer sehr erfolgreichen Binnen- und Tourismuswirtschaft sind unter anderem auch substanzielle Investitionen der exportorientierten Industrie für diese Entwicklung mit verantwortlich. Die Investitionen der Industrie am Standort Vorarlberg im vergangenen Jahr werden mit rund 500 Millionen Euro beziffert. Darunter sind Großinvestitionen der Unternehmen Collini, Zumtobel, Rexam, Omicron, Blum, Getzner Textil und Flatz Verpackungen – alle im zweistelligen Millionenbereich. Diese Investitionen sind als Zugpferd der regionalen Wirtschaftsentwicklung und als klares Bekenntnis der Betriebe zu Vorarlberg von herausragender Bedeutung.

Weitreichende Konsequenzen

Gegenstand der Investitionen sind zumeist Erweiterungen der Produktions-, Entwicklungs- und Lagerkapazitäten am Standort. Neben positiven Effekten direkt beim investierenden Unternehmen unter anderem in Form von Umsatzwachstum ergeben sich weiters Aufträge für die Dienstleistungs- und Zulieferkette des Betriebs. Das führt zu einer Zunahme an Beschäftigung in der gesamten Wertschöpfungskette. Zusätzlich entstehen durch diese Investitionen Aufträge für das Bau- und Baunebengewerbe sowie für das Handwerk, wodurch ein Beitrag zur Sicherung und Erhöhung der Beschäftigung auch in diesem wichtigen Wirtschaftsbereich geleistet wird. Sub­stanzielle Erweiterungsinvestitionen führen demnach zu Beschäftigungswachstum in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen. Und dieses Mehr an Beschäftigung bedeutet, dass zusätzliche Familien über ein geregeltes Einkommen verfügen und dieses wiederum dem regionalen Wirtschaftskreislauf zuführen – zum Beispiel durch den Kauf von Lebensmitteln und Möbeln oder den Besuch eines Restaurants. Dadurch profitieren sowohl der Handel und die Gastronomie als auch das gesamte Wirtschafts- und Sozialsystem.

Für die nachhaltige Entwicklung, für Beschäftigung und Wohlstand eines Wirtschaftsstandorts spielen neben einer effizienten Binnen- und Tourismuswirtschaft also auch die Investitionen der produzierenden Industrie eine wichtige Rolle. Dies ist in der europäischen Wirtschaftspolitik heute mittlerweile Konsens. Nicht zuletzt deshalb hat die EU-Kommission das strategische Ziel definiert, den Anteil der Sachgütererzeugung an der Gesamtwertschöpfung von derzeit 12 Prozent auf 20 Prozent zu steigern. In der Praxis gestaltet sich das allerdings schwieriger als zunächst angenommen. Eine Reindustrialisierung lässt sich nicht ohne geeignete Rahmenbedingungen bewerkstelligen, dazu benötigt es entsprechende Kompetenzen – sprich Fachkräfte und geeignete Ausbildungssysteme für diese Fachkräfte.

Situation in Vorarlberg

In vielen Ländern Europas sind diese Kompetenzen in den vergangenen Jahren verloren gegangen, weil sie nicht ausreichend gepflegt wurden. Ganz anders in Vorarlberg: Mit fast 30 Prozent Anteil an der Gesamtwertschöpfung ist die Sachgüterproduktion überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Die Aufgabe in Vorarlberg besteht somit nicht in einer Reindustrialisierung, sondern vielmehr im Erhalt bzw. in der zukunftsorientierten Stärkung dieses Wirtschaftsbereichs. Um dies zu erreichen, sprechen wir hier allerdings nicht über einseitige Industrie- bzw. Interessenpolitik. Wir sprechen vielmehr von der Schaffung und Sicherstellung von geeigneten Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Produktionsstandort in Mitteleuropa.

Zugang zu Know-how

Zu den derzeit für die Wirtschaftsregion Vorarlberg wichtigsten Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Absicherung als Produktionsstandort zählt beispielsweise die Sicherstellung der Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge an technischen Fachkräften. Während der Bedarf an technisch qualifizierten Fachkräften aufgrund des substanziellen Wachstums der ansässigen Unternehmen kontinuierlich steigt, führt der demografische Wandel mittelfristig zu einem geringeren Angebot. Für die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Fachkräften ist deshalb neben gezielten Investitionen in Bildung besonderes die weitere Attraktivierung der dualen Ausbildung ein Gebot der Stunde. Weiters sind für Erweiterungsinvestitionen von ansässigen Unternehmen zusätzliche Betriebsflächen erforderlich. Gerade für eine kleine Wirtschaftsregion, die noch dazu aufgrund der spezifischen topografischen Voraussetzungen nicht über beliebig viele Flächen verfügt, ist dies eine große Herausforderung. Hinsichtlich einer mittel- bis langfristig ausreichenden Verfügbarkeit von Betriebsflächen gilt es deshalb, geeignete Mechanismen für die Schaffung zusätzlicher und insbesondere die bessere Nutzung bestehender gewidmeter Flächen zu entwickeln und umzusetzen. Außerdem sind unter anderem geeignete Rahmenbedingungen zur weiteren Steigerung der Innovationsdynamik der heimischen Unternehmen erforderlich. Innovation in Form der Kommerzialisierung von neuen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen ist im Zeitalter hohen Wettbewerbs und zunehmend gesättigter Märkte für den wirtschaftlichen Fortschritt unabdingbar. Für den Innovationserfolg ist heutzutage das Beherrschen neuester Technologien Grundvoraussetzung, was aufgrund kürzer werdender Technologiezyklen für Unternehmen immer schwieriger wird. Zur Unterstützung der betrieblichen Innovationstätigkeit ist deshalb der Zugang zu erstklassigen Forschungseinrichtungen und die übergreifende Kooperation zwischen Betrieben zielführend, um neueste Technologien im Verbund nutzbar machen zu können.

Garantie für Standortqualität

Bislang finden produzierende Unternehmen am Standort Vorarlberg geeignete Rahmenbedingungen vor. Dafür sprechen das überproportional starke Wachstum und die substanziellen Investitionen dieser Unternehmen in den letzten Jahren. Damit das auch für die Zukunft so bleibt, sind die wesentlichen Parameter für einen erfolgreichen Produktionsstandort den spezifischen Anforderungen der Unternehmen kontinuierlich anzupassen. Dadurch wird es möglich, auch weiterhin den erfolgreichen Mix aus einer hoch professionellen Binnenwirtschaft, einem starkem Tourismus und international tätigen Unternehmen zu erhalten.

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